CHRISTentum.ch
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Hermann Hesse


Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.

Ewiges ist nicht auf Erden

Jede Blüte will zur Frucht,
Jeder Morgen Abend werden.
Ewiges ist nicht auf Erden,
Als der Wandel, als die Flucht.

Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.

Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Lass es still geschehen.
Lass vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.

Bruder Tod

Auch zu mir kommst du einmal,
Du vergißt mich nicht,
Und zu Ende ist die Qual,
Und die Kette bricht.

Noch erscheinst du fremd und fern,
Lieber Bruder Tod,
Stehest als ein kühler Stern
Über meiner Not.

Aber einmal wirst du nah
Und voll Flammen sein -
Komm, Geliebter, ich bin da,
Nimm mich, ich bin dein.


Weihnachten ist ein Giftmagazin

Weihnachten ist ein Inbegriff, ein Giftmagazin aller bürgerlichen Sentimentalitäten und Verlogenheiten, Anlass wilder Orgien für Industrie und Handel, grosser Glanzartikel der Warenhäuser, riecht nach lackiertem Blech, nach Tannennadel und Grammophon, nach übermüdeten, heimlich fluchenden Austrägern und Postboten, nach verlegener Feierlichkeit in Bürgerzimmern unterm aufgeputzten Baum, nach Zeitungsextrabeilagen und Annoncenbetrieb, kurz - nach tausend Dingen, die mir alle bitter verhasst und zuwider sind und die mir alle viel gleichgültiger und lächerlicher vorkämen, wenn sie nicht den Namen des Heilandes und die Erinnerung unserer zartesten Jahre so furchtbar missbrauchten.



Die EUREGIO Bodensee

Dieses südwestdeutsch-westösterreichisch-nordostschweizerische Gebiet ist mir Heimat, und das durch dieses Gebiet mehrere Landes-, Kantons- und Staatsgrenzen verlaufen, bekam ich oft genug einschneidend zu spüren, doch ich habe diese Grenzen in meinem innersten Gefühl niemals als natürliche empfinden können. Für mich war Heimat an allen Ufern des Bodensees und zu beiden Seiten des Hochrheins, ob das Land nun Baden-Württemberg oder Bayern oder Vorarlberg oder Schweiz hiess.

Frei nach Hermann Hesse 


last update: 18.08.2015