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L e i d e n


Vom sterbenden Beethoven wird erzählt, dass er seine Faust ballte und sie gen Himmel reckte, während Sigmund Freud sein tödliches Leiden Jahre hindurch in unerschütterlicher stummer Resignation mannhaft ertragen hat. 
Der Schauspieler und Regisseur Ernst Ginsberg, der am 3. Dezember 1964 in einer Zürcher Klinik verstarb, hat in seiner Krankheitszeit, in der ihm am Schluss sogar die Stimme versagte, Gebete in Gedichtform verfasst. Die letzte Strophe eines seiner letzten Gedichte heisst: 

"Ich falte die Hände, die lahmen, im Geist 
und bete ins Dunkel, dass es zerreisst." 

Revolte (wie bei Beethoven), Resignation (wie bei Freud) und christliche Ergebung (wie bei Ginsberg) - das sind die drei menschlichen Möglichkeiten angesichts ausweglosen Leids. Die Revolte spricht uns wegen ihrer Ehrlichkeit an, die stoische Resignation ringt uns Bewunderung ab, die christliche Ergebung aber - im und durch das Gebet erreicht - weist in eine Zukunft hinein... -


Wenn man im Kreuz und Leiden ist, so wird alle Zeit zu lang und macht Ungeduld. Das Leiden ist nicht schwer, wenn einer das Ende seines Leidens absehen kann. Es denkt einer: Es ist eine böse Stunde, ein böser Tag, eine böse Woche, danach wird's besser. Aber wenn man das Ende nicht sieht, so ist alles Leiden unerträglich, und wenn es gleich nur eine Viertelstunde währet. 
Martin Luther, zit. nach: Luther-Lexikon, hg. von Kurt Aland, 4. Auflage Göttingen 1983 (V&R), Seite 217


Deine Hilfe war gross

nicht Angst und Schmerz waren gering 
sondern Deine Hilfe war gross 
das war wohl schon oft so 
wie oft habe ich Deine Hilfe verschwiegen 
aus Bequemlichkeit um nichts erklären zu müssen 
oder aus männlicher Eitelkeit 
oder weil ich zu stumpf oder zu beschäftigt war 
um Dein liebevolles Tragen wahrzunehmen. 
Peter Walss, Gebete auf dem Rücken liegend, Gotthelf 1993


09.11.2005