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Licht


Expo 2002 (Darstellung in der "Holzkugel", Neuchâtel)
Foto: Stana Vetsch


Gelegentlich habe ich von einem Lichte in der Seele gesprochen, das ungeschaffen und unerschaffbar ist. Genau dieses Licht pflege ich stets in meinen Predigten zu berühren.
Meister Eckhart

In der Welt ist's dunkel,
leuchten müssen wir,
du in deiner Ecke,
ich in meiner hier.
Volkslied

Ein junger Rabbi klagte dem Riziner: "In den Stunden, in denen ich mich der Lehre ergebe, fühle ich Leben und Licht, aber sowie ich zu lernen aufhöre, ist alles verschwunden. Was soll ich tun?"
Der Rabbi gab ihm zur Antwort: "Das ist, wie wenn einer in finstrer Nacht durch den Wald geht, und für eine Weile gesellt sich zu ihm ein andrer, eine Laterne in der Hand, aber am Kreuzweg gehn sie auseinander, und der erste muss weitertappen. Trägt einer jedoch sein eigenes Licht, hat er keine Finsternis zu fürchten." 
Martin Buber, Die Erzählungen der Chassidim


Die vier Kerzen

Vier Kerzen brannten am Adventskranz. Es war ganz still. So still, dass man hörte, wie die Kerzen zu reden begannen. 
Die erste Kerze seufzte und sagte: "Ich heisse Frieden. Mein Licht leuchtet, aber die Menschen halten keinen Frieden. Sie wollen mich nicht." Ihr Licht wurde immer kleiner und verlosch schliesslich ganz. 
Die zweite Kerze flackerte und sagte: "Ich heisse Glauben. Aber ich bin überflüssig. Die Menschen wollen von Gott nichts mehr wissen. Es hat keinen Sinn mehr, dass ich brenne." Ein Luftzug ging durch den Raum, und die zweite Kerze war aus.
Leise und sehr traurig meldete sich nun auch die dritte Kerze zu Wort. "Ich heisse Liebe. Ich habe keine Kraft mehr zu brennen. Die Menschen stellen mich an die Seite. Sie sehen nur sich selbst und nicht die anderen, die sie liebhaben sollen." Mit einem letzten Aufflackern war auch dieses Licht ausgelöscht. 
Da kam ein Kind ins Zimmer. Es schaute die Kerzen an und sagte: "Aber, aber, ihr sollt doch brennen und nicht aus sein!" Fast fing es an zu weinen. 
Da meldete sich auch die vierte Kerze zu Wort. Sie sagte: "Hab keine Angst! Solange ich brenne, können wir auch die anderen Kerzen wieder anzünden. Ich heisse Hoffnung." Mit einem Streichholz nahm das Kind Licht von dieser Kerze - und zündete die anderen wieder an. 


Die Geschichte von der Kerze

Es war einmal ein König, der hatte zwei Söhne. Als er alt wurde, wollte er einen der beiden zu seinem Nachfolger bestimmen. Er gab jedem der beiden fünf Silberstücke und sagte: "Für dieses Geld sollt ihr die Halle in unserem Schloss füllen. Wer das meiste für das Geld erhält, soll mein Nachfolger sein."
Der ältere Sohn ging davon und kam an einem Feld vorbei, wo Arbeiter Zuckerrohr ernteten und viel ausgepresstes Zuckerrohr nutzlos herumlag. Da dachte er bei sich: "Damit werde ich für die Silberstücke die Halle bis unter die Decke füllen können." Als die Halle mit dem Zuckerrohr gefüllt war, ging er zu seinem Vater und sagte: "Ich habe die Aufgabe erfüllt. Auf meinen Bruder brauchst du nicht mehr zu warten. Mach mich zu deinem Nachfolger." - Der Vater antwortete: "Es ist noch nicht Abend. Ich werde warten."
Bald darauf kam auch der jüngere Sohn. Er bat darum, das ausgedroschene Zuckerrohr aus der Halle zu entfernen. So geschah es. Dann stellte er mitten in die dunkle Halle eine Kerze und zündete sie an. Der Schein der kleinen Kerze füllte die Halle mit Licht bis in die letzte Ecke hinein. Da sprach der Vater: "Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke ausgegeben, um die Halle mit nutzlosem Zeug zu füllen. Du hast nicht einmal ein Silberstück gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt. Du hast sie mit dem erfüllt, was die Menschen brauchen."

Quelle unbekannt



Nochmals: Ganz einfach

In einer Geschichte asiatischer Weisheit wird von einem König erzählt, der zwei Söhne hatte in einem Land ohne festgelegte Erbfolge. Er wurde alt und überlegte nun, wem von beiden er seinen Thron und damit das Land anvertrauen sollte. Er stellte beiden die gleiche Aufgabe und gab jedem Geld dazu, nicht sehr viel, aber auch nicht gerade wenig. Er ließ sie die Aufgabe im Abstand von einer Woche erfüllen. Sie hieß: Füllt die große Festhalle des Palastes. Das war der größte Raum weit und breit. Der Ältere begann, hatte eine Woche Zeit und die gute Idee, dass man die Halle mit Reißstroh wohl vollbekommen müsste, wenn nur genug Bauern mit ihren Ochsenkarren die Zulieferung schaffen würden. Alles wurde gut organisiert und er schaffte es. Am Ende der Woche war die Halle voll mit Reißstroh. Als sie wieder ausgeräumt war, kam der jüngere Bruder an die Reihe, der weit weg in einer Burg bewacht wurde, damit er nichts von der Lösung des Bruders mitbekam. Als seine Woche begann, kam er am Montagabend zum Vater, gab das allermeiste Geld zurück und sagte, er sei fertig. Sie gingen in die große Halle, sie war leer. In der Mitte stand eine dicke Kerze und das Licht füllte den weiten Raum. Dieser Sohn bekam den Thron!

Asiatische Weisheit



Morgen in den Bergen im sanktgaller Rheintal
Foto: Jakob Vetsch, 1991

Dein Licht

Der Engel in dir freut sich über dein Licht
weint über deine Finsternis
Aus seinen Flügeln rauschen Liebesworte, Gedichte, Liebkosungen
Er bewacht deinen Weg
Lenk deinen Schritt engelwärts

Rose Ausländer, Der Engel in dir, Aus: Ich höre das Herz des Oleanders


Gespräch zwischen Zündholz und Kerze

Es kam der Tag, da sagte das Zündholz zur Kerze: "Ich habe den Auftrag, dich anzuzünden." 
"Oh nein, nur das nicht!" erschrak die Kerze. "Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt, und niemand wird mehr meine Schönheit bewundern." 
Das Zuendholz aber fragte: "Aber willst du denn ein Leben lang kalt und hart bleiben, ohne vorher gelebt zu haben?" 
"Aber brennen tut weh und zehrt an meinen Kräften", flüsterte die Kerze unsicher und voller Angst... 
"Es ist wahr", entgegnete das Zündholz, "aber das ist doch das Geheimnis der Berufung. Du und ich - wir sind berufen, LICHT zu sein. Was ich als Zündholz tun kann, ist wenig. Zünde ich dich aber nicht an, so verpasse ich den Sinn meines Lebens. Ich bin dafür da, Feuer zu entfachen. Du bist eine Kerze. Du bist da, um zu leuchten und Wärme zu schenken. Alles, was du an Schmerz, Leid und Kraft hingibst, wird verwandelt in LICHT. Du gehst nicht verloren, wenn du dich hingibst, dich verzehrst. Andere werden dein Feuer, dein LICHT weitertragen. Nur wenn du dich versagst, wirst du sterben ..." 
Da senkte die Kerze ihren Docht und sprach: "Ich bitte dich, zünde mich an ..."



Entsunkenes Licht zu angeln ...

Vom Sitzen am Brunnenrand, vom Angeln entsunkenen Lichtes und von glühender Geduld spricht ein kleines Gedicht des chilenischen Lyrikers Pablo Neruda, voll zärtlicher Poesie und tiefer Weisheit. Es redet von Leiden und Leidenschaft, von Dunkel und Licht, Nacht und Morgenröte:

Sinkt jeder Tag
hinab in jeder Nacht,
so gibt's einen Brunnen,
der drunten die Helligkeit hält.
Man muss an den Rand
des Brunnendunkels hocken,
entsunkenes Licht zu angeln
mit Geduld.


last update: 05.12.2015