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Lukas Evangelist

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Der Evangelist Lukas, serbisch-orthodoxe Ikone, anfangs 16. Jahrhundert



Der Stier - Symbol des Evangelisten Lukas

Der Stier gehört seit alter Zeit in den verschiedensten Kulturen zu den geheiligten Tieren. Er ist Symbol der Fruchtbarkeit und der Stärke, aber auch unbändiger Wut und roher Gewalt.
Trotz problematischer Bezüge aus der Geschichte und in der Umwelt sowohl des Judentums als auch des Christentums - etwa den Fruchtbarkeitskulten des alten Orients oder dem Mithraskult im Römischen Reich - konnte der Stier auch hier zum Symbol werden.
Schon im Alten Testament galt ein junger Stier als edelstes Opfertier, das in der Hingabe einem Menschenleben gleichzusetzen war. Das junge Christentum entwickelte, auch unter dem Opfergedanken, unterschiedliche symbolische Bezüge. 
In der christlichen Kunst wird der Stier zum Begleiter und Symbol des Evangelisten Lukas. Der Stier ist hier eine der Gestalten des Viererwesens, das der Prophet Ezechiel und der Seher Johannes in visionärer Schau den Thron Gottes umstehen sahen. Die von den Kirchenvätern Hieronymus und Gregor dem Grossen vorgenommene Übertragung des Viererwesens auf die Evangelisten will in der Viergestaltigkeit der geschauten Tiere die Einheit der vier Evangelien dargestellt sehen. 
Die wohl früheste Darstellung des Evangelisten Lukas, mit dem Stier als Begleiter in einer Landschaft sitzend, findet sich auf den Mosaiken in San Vitale in Ravenna (vor 547). Hieronymus, der die Anfänge der Evangelien mit den Symbolgestalten in Beziehung setzt, verbindet das Evangelium des Lukas mit dem Stier, weil es mit dem Opferdienst des Priesters Zacharias beginnt.
Aber auch die vier zentralen Heilsereignisse des Neuen Bundes - Menschwerdung Gottes, Opfertod, Auferstehung und Himmelfahrt - werden mit den Tiersymbolen verbunden. Hier steht der Stier als Hinweis auf den Opfertod Jesu Christi am Kreuz.
Im Taufunterricht des frühen Christentums wurden die Taufbewerber am Bei-spiel des Stiersymbols angeleitet, sich selbst zum Opfer zu bringen, die Lüste der Welt zu überwinden und das eigene Kreuz auf sich zu nehmen.
Der Tag des Evangelisten Lukas ist der 18. Oktober.

Nach Johannes Sell


Predigt vom 12. September 1993 - Jakob Vetsch, Pfarrer

Der Evangelist Lukas

Liebe Gemeinde

Die katholische Bibelanstalt Stuttgart hat unter dem Titel "Evangelium ohne Grenzen" für die Jugend Europas in fünf Sprachen einen Teil der Bibel herausgegeben. Sie hat dazu das Lukas-Evangelium ausgewählt, weil es sich von der Sprache her eignet, und auch deshalb, weil es der Kindheit und der frühen Jugend Jesu besondere Aufmerksamkeit entgegenbringt. Das Vorwort dazu hat niemand Geringerer als der bekannte Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini verfasst, der schon mit vielen Büchern die Jugend unserer Länder zu erreichen versuchte.
Mich freut dieses handliche Büchlein aus zwei Gründen ganz besonders: Erstens weil es vielsprachig ist, denn die Sprache ist die Seele eines Volkes; und wenn wir einander verstehen wollen, müssen wir einander in der Sprache anhören lernen, die wir von Kind an sprechen. Und zweitens, weil das Evangelium von Lukas berücksichtigt wurde, das ich seit meiner Studienzeit ganz besonders schätze.
Ist es nicht eine schöne Idee, einfach einmal ein Evangelium herauszugreifen, dieses zu lesen und wissen zu dürfen, dass wir damit die Hauptsache der christlichen Verkündigung treffen? Bei den frühen Christen und mancherorts noch bis zur Erfindung des Buchdrucks ging es ja auch nicht anders zu und her: Man war überglücklich, wenn man schon nur einen grundlegenden Teil der Bibel in Händen hielt.

So wollen wir in der heutigen Predigt einmal etwas hören über Lukas, den Verfasser des Evangeliums und der Apostelgeschichte, und wir wollen auf sein Evangelium etwas näher eingehen.

Das Symbol des Evangelisten Lukas ist der Stier . Er gehört seit alter Zeit in den verschiedensten Kulturen zu den geheiligten Tieren. Er ist Symbol der Fruchtbarkeit und der Stärke, aber auch unbändiger Wut und roher Gewalt.
Trotz problematischer Bezüge aus der Geschichte und in der Umwelt sowohl des Judentums als auch des Christentums - etwa den Fruchtbarkeitskulten des alten Orients oder dem Mithraskult im Römischen Reich - konnte der Stier auch hier zum Symbol werden.
Schon im Alten Testament galt ein junger Stier als edelstes Opfertier, das in der Hingabe einem Menschenleben gleichzusetzen war. Das junge Christentum entwickelte, auch unter dem Opfergedanken, unterschiedliche symbolische Bezüge. 
In der christlichen Kunst wird der Stier zum Begleiter und Symbol des Evangelisten Lukas. Der Stier ist hier eine der Gestalten des Viererwesens, das der Prophet Ezechiel und der Seher Johannes in visionärer Schau den Thron Gottes umstehen sahen. Die von den Kirchenvätern Hieronymus und Gregor dem Grossen vorgenommene Übertragung des Viererwesens auf die Evangelisten will in der Viergestaltigkeit der geschauten Tiere die Einheit der vier Evangelien dargestellt sehen. 
Die wohl früheste Darstellung des Evangelisten Lukas, mit dem Stier als Begleiter in einer Landschaft sitzend, findet sich auf den Mosaiken in San Vitale in Ravenna (vor 547). Hieronymus, der die Anfänge der Evangelien mit den Symbolgestalten in Beziehung setzt, verbindet das Evangelium des Lukas mit dem Stier, weil es mit dem Opferdienst des Priesters Zacharias beginnt.
Aber auch die vier zentralen Heilsereignisse des Neuen Bundes - Menschwerdung Gottes, Opfertod, Auferstehung und Himmelfahrt - werden mit den Tiersymbolen verbunden. Hier steht der Stier als Hinweis auf den Opfertod Jesu Christi am Kreuz.
Im Taufunterricht des frühen Christentums wurden die Taufbewerber am Beispiel  des Stiersymbols angeleitet, sich selbst zum Opfer zu bringen, die Lüste der Welt zu überwinden und das eigene Kreuz auf sich zu nehmen.

Nun zum Schreiber selbst. In einer sehr alten Handschrift (dem Muratorischen Fragment) steht über ihn geschrieben:
"Das dritte Evangelienbuch ist das nach Lukas. Dieser Lukas ist ein Arzt, den nach der Himmelfahrt Jesu Paulus als Reisebegleiter mitgenommen hat. Er schrieb es unter seinem Namen nach dessen Meinung, da er den Herrn nicht selbst gesehen hat."
Demnach war Lukas Arzt, Schüler des Apostels Paulus und Missionar wie jener in der Welt der Heiden (wie es vom zweiten Werk des Lukas, der Apostelgeschichte,  bezeugt ist). Er war ein eigenständiger Schriftsteller, dessen Griechisch als das beste im Neuen Testament gilt. Und er war ein indirekter Zeuge der Ereignisse, die Gott geschehen liess, d.h. er kannte noch Augenzeugen.
Sein Anliegen war es, für einen Mann namens Theophilus (das bedeutet Gott-liebender) "alles bis hin zu den ersten Anfänge sorgfältig zu erforschen und es der Reihe nach aufzuschreiben". So lesen wir es am Anfang des Lukasevangeliums.
Mehr wissen wir über den Schreiber nicht; und wir müssen auch gar nicht mehr über ihn wissen. Das hat er selbst so gewollt, denn er tritt ganz hinter der Botschaft zurück, die er vermitteln will.

So wenden wir uns nun noch mit einigen Stichworten seinem Evangelium zu, der Guten Nachricht, die er sehr beherzt und genau niedergeschrieben hat.
Ich möchte sechs Leitwörter nennen, um die Hauptthemen, auf die Lukas sein Schwergewicht legt, zu umschreiben: Jesus Christus, Liebe, Freude, Armut, Gebet und Verzicht.

An erster Stelle steht natürlich Jesus Christus. Lukas stellt ihn dar als Freund der Zöllner und Sünder; als Prophet, der das endgültige und vollkommene Wort Gottes hat, um es uns mitzuteilen; als den Armen, der keinen Ort hat, wo er sein Haupt hinlegen kann; als den ruhelos Umherziehenden; als den Heiland nicht nur der Krankheiten des Körpers, sondern auch der inneren Verletzungen; als den Träger des Heiligen Geistes, der dann von ihm ausgegossen wird auf die Gemeinschaft der Jünger; als Zentrum der menschlichen Geschichte, der er Sinn und Ziel gibt. 

Das zweite Wort, das Lukas wichtig ist, heisst Liebe. Dante hat Lukas den "Schriftsteller der Sanftmut Christi" genannt. Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter, die Liebe Jesu zu den Ausgeschlossenen, die Erwählung der Armen, die Hingabe bis zum letzten Opfer, die letzte Geste Jesu, die ein Akt der Vergebung und der Rettung ist (gegenüber dem guten Schächer) - all das sind Zeugnisse, welche die Feststellung Dantes bestätigen. Das Bild des wahren Jüngers wird von Lukas so gezeichnet: "Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist." 

Das dritte Wort ist die Freude. Lukas verwendet fünf unterschiedliche Wörter, um in 27 Passagen seines Evangeliums die Freude auszudrücken. Beispielhaft dafür ist das 15. Kapitel: Gleich hintereinander die Freude über das Finden des Verlorenen Schafes, den Fund der Verlorenen Münze und die Rückkehr des Verlorenen Sohnes. "Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der ein neues Leben anfängt."

Die Armut ist das vierte Thema, dem eine grosse Bedeutung in diesem Evangelium zukommt, das ein besonderes Gespür für die soziale Frage zeigt: "Selig, ihr Armen" lautet die erste Seligpreisung, und in der Grundsatzerklärung am Beginn seines Wirkens in Galiläa heisst es, Jesus sei gesandt, damit er "den Armen eine gute Nachricht bringe". Der arme Lazarus und die Witwe, die alles gibt, werden als Vorbilder gezeichnet. Der reiche Jüngling kann Jesus nicht dienen, wenn er nicht alles, was er hat, an die Armen verteilt. Der Reiche erscheint als Narr, wenn er nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist. Und die Pharisäer hängen am Geld, das ihr wirklicher Gott geworden ist. "Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Denn eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt", sagt Jesus. Archäologen haben herausgefunden, dass das kleinste Stadttor in Jerusalem "Nadelöhr" genannt wurde. Ein Kamel mag unten durch, aber auf den Knien und ohne Last. Vermutlich hat Jesus das so gemeint...

Das fünfte Wort ist das Gebet. Jesus ist in hervorgehobener Weise der vorbildliche und grosse Beter. An den entscheidenden Wendepunkten seines Lebens stellt Lukas ihn im Gebet und im Gespräch mit seinem Vater dar: Vor der Taufe; inmitten der ersten Begeisterung der  Menge zieht sich Jesus an einen einsamen Ort zum Gebet zurück; vor der Wahl der zwölf Jünger; vor dem Bekenntnis des Petrus; vor der Verklärung; bevor er die Jünger das Gebet des Herrn, das Unservater, lehrt; vor der Stunde der Entscheidung am Vorabend seines Todes; an der Schwelle des Todes; und seine letzten Worte im irdischen Leben sind ein Gebet: "Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist". Gleichsam vor jeder neuen Weggabelung seines Lebens hat Jesus mit seinem Vater gesprochen und gebetet.

Das sechste und letzte Wort in unserer Zusammenfassung der für Lukas wichtigen Themen ist der Verzicht. In Anspielung auf die Berufung des Elischa, der gerufen wurde, als er gerade beim Pflügen war, ruft Jesus aus: "Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes". Um Jesus nachzufolgen, bedarf es also einer radikalen Entscheidung, in welcher der wehmutsvolle Blick zurück keinen Platz hat. Die Jünger lassen nicht nur die Netze, das Boot und den Vater zurück, wie es bei Matthäus heisst, sondern "alles". Wenn der Evangelist Matthäus über eine Berufung spricht, sagt er nur: "Da stand er auf und folgte ihm". Der Evangelist Lukas betont die Aufgabe des alten Lebens und fügt hinzu: "Er verliess alles". Lukas schrieb die Worte Jesu nieder: "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach". Ein Mann wie Franz von Assisi hat das seinerzeit so radikal gemacht, dass seine Ausstrahlung bis heute wirkt.
So lernen wir im Lukasevangelium Jesus ganz besonders als denjenigen kennen, der sich hingibt für uns Menschen, der aber auch unsere Hingabe fordert.

Damit sind wir wieder beim Stier, beim Opfer. Nur zeigt Jesus uns den Vater, der sagt: "Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer." 
Das Lukasevangelium ist das Evangelium der Barmherzigkeit und der Sanftmut. Das macht es so sympathisch, so lesens- und liebenswert!

Amen.


last update: 06.10.2015