Violett
Die Farbe des Übergangs und
der Neuorientierung
Farben wirken unmittelbar auf unser Empfinden ein; mit Farben
können
wir Stimmungen und Gefühle ausdrücken.
Violett ist eine Zwischenfarbe, eine Farbe des Übergangs zwischen
blau und rot. Je nach dem Mischungsverhältnis verbinden wir damit
Gefühlswerte von schillernd und aussergewöhnlich bis hin zu
melancholisch
und sehnsüchtig. Abenddämmerung ist eine der häufigsten
Assoziationen. Goethe verbindet in seiner Farbenlehre sogar den
Schrecken
des Weltuntergangs mit der zwiespältigen Wirkung von violett: "In
seinen Schwingungen berühren sich Passion und Rausch, Befreiung und
Verfall, Tod und Auferstehung." Naturerfahrungen fliessen in unser
Farbempfinden
ein, wenn wir an violette Blumen wie Veilchen, Flieder, Herbstzeitlose
denken, die jahreszeitliche Übergänge markieren.
In der Liturgie wurde violett von Anfang an zur Kennzeichnung der
Zeiten
des Übergangs verwendet. Das gilt insbesondere für die beiden
grossen Vorbereitungszeiten auf Weihnachten und Ostern, die Advents-
und
die Passionszeit. Darüber hinaus findet violett noch an Buss- und
Bettagen sowie an besonderen Bittgottesdiensten Verwendung. In der
Advents-
und Passionszeit steht die Mischfarbe violett für das Verbindende
zwischen Dies- und Jenseits, zwischen der Welt und dem Reich Gottes.
Darin
ist angedeutet die spannungsvolle Bezogenheit beider Bereiche
aufeinander.
Diese mit der Farbe violett symbolisierte Ungeschiedenheit der
Gegensätze
ist in der Passion eher zu deuten auf die Mittlerrolle Christi hin,
während
man die Adventszeit mehr als Übergang zu einem Neuwerden der Welt
durch die Geburt Christi interpretieren kann. Die Zeiten, in denen
violett
als liturgische Farbe eingesetzt wird, sind immer auch Zeiten nötiger
Neuorientierung, Zeiten der Umkehr und der Busse, in denen man wieder
neu
seine eigene Rolle zu Gott und den Menschen bestimmen soll. Ein solch
mahnendes
Signal sind auch die violetten Dreiecks-tücher beim Kirchentag, welche
die Sehnsucht nach einem Übergang in eine friedliche Zukunft und
Bereitschaft
zur Umkehr ausdrücken wollen.
Johannes Sell
last update: 10.08.2015
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