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Der Herr ist Friede -
Eine Januarpredigt Sonntag, 17. Januar 2016 um
18:00 Uhr: ABENDGOTTESDIENST in der Wasserkirche Zürich; Jakob Vetsch, Pfarrer
Predigttext (Richter 6,22-24) "Gideon sprach: Wehe, Herr, Herr, denn ich habe den Boten des Herrn gesehen, von Angesicht zu Angesicht. Aber der Herr sprach zu ihm: Friede sei mit dir! Fürchte dich nicht, du musst nicht sterben. Und Gideon baute dem Herrn dort einen Altar und nannte ihn: Der Herr ist Friede." Liebe Gemeinde Wir leben im Januar. Dieser erste Monat des Kalenderjahres ist benannt nach dem römischen Gott Janus, dessen Aufgabe es war, die Türen und die Tore zu beschützen. Janus wird mit zwei Gesichtern dargestellt: das eine sieht, was drinnen ist, das andere, was draussen ist. Sinngemäss auf den Jahreswechsel angewandt, schaut der Janus eben ein bisschen noch ins vergangene Jahr und zugleich stark in das angefangene neue Jahr. Möge Segen auf dem liegen, was war, was ist und was wird, so wie es von unserem Herrn in der Offenbarung des Johannes heisst, "der ist und der war und der kommt." Ja, da steht geschrieben: "Ich bin das A und das O, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über das All." (Offenbarung 1,8) Und wie war es doch noch mit dem Hinübergehen vom einen Jahr zum anderen? Da wünschten wir einander einen guten Rutsch. Meistens weiss man aber nicht so recht, was damit ursprünglich gemeint war. Die Herkunft hat nämlich nichts mit dem Tätigkeitswort "rutschen" (Dialektausdruck für gleiten) zu tun, wie man meinen könnte, wohl aber mit dem rotwelschen oder jiddischen Hauptwort "Rosch" (d.h. Haupt, Anfang). Also: Ein guter Rutsch ins neue Jahr bedeutet eigentlich ein guter Jahresanfang! Dieser wird in der hebräischen Sprache "Rosch ha-Schana" (ראֹשׁ הַשָּׁנָה d.h. wörtlich: Haupt, Anfang des Jahres) genannt. Das Jiddische enthält mittelhochdeutsche, hebräische und slawische Elemente. Man wünschte sich zum Neujahr "a gut Rosch", also einen guten Anfang. Erst später wurde das Hauptwort "Rosch" mit dem deutschsprachigen "Rutsch" überstülpt. Und mit der Zeit fiel die ursprüngliche Bedeutung der Vergessenheit. Aber wir sagen es immer noch. Die Sprache weiss ja noch so vieles, dessen wir uns nicht mehr bewusst sind. Anfänge, liebe Gemeinde, sind wichtig. Anfänge, in welchem Geist sie geschehen und dass Segen darauf liegen möge. Die ersten Worte der Bibel heissen: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde." (Genesis 1,1) Vergessen wir nie, dass es zuerst der Himmel war, der uns ja dann auch wieder erwartet. Der Prolog des Johannes-Evangeliums beginnt mit dem berühmten Satz: "Im Anfang war das Wort, der Logos, und der Logos war bei Gott, und von Gottes Wesen war der Logos. Dieser war im Anfang bei Gott. Alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist auch nicht eines geworden, das geworden ist. In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst." (Johannes 1,1-5) "In principio respice finem." (Am Anfang bedenke das Ende.) So pflegte es der Lateiner zu sagen. Das hat mit Weisheit zu tun, und darum können wir bitten. Der Gläubige (David Adam) bekennt:
"Am Anfang des Raumes, der Zeit, des Universums: Gott.
Am Anfang der Schöpfung, des Lebens, der Menschheit: Gott. Am Anfang der Geschöpfe, der Persönlichkeiten, von mir: Gott. Am Anfang dieses Jahres, dieser Woche, dieser Stunde: Gott. Am Anfang jedes Gedankens, jedes Wortes, jeder Tat: Gott." Gott also, die einzige Konstante, der einzige Halt im Wechsel der Zeiten, ganz konkret, hier und jetzt, auch für dich und für mich. Und wenn wir auf unser Predigtwort aufmerksam werden, wie Gideon den Boten des Herrn gesehen hat, wie er dem Höchsten dann einen Altar baut und ihn "Der Herr ist Friede" (יְהֹוָה שָׁלוֹם) nennt, dann wird das Weiterschreiten in dieser Gewissheit eine ganz grosse Sache! Ich bin froh und dankbar, dass unser Herr der Friede ist. Unsere jüdischen Mitbürger sagen, ja, "Schalom", das ist der Name Gottes. So wird Gott genannt: Friede. Wir können für Gott einfach sagen: Friede. Im Zusammenhang der biblischen Erzählung kommt dem ebenfalls als Grusswort bekannten "Schalom" auch der Sinn von "wohlbehalten" und "unbeschädigt bleiben" zu, wird doch dem Gideon das an sich verwirkte Leben geschenkt. Ausleger (z.B. Hans Wilhelm Hertzberg) machen uns auch an anderen Stellen im selben Buch Richter darauf aufmerksam, dass Gottes Hilfe und Rettung nicht auf das Vorhandensein menschlicher Tadellosigkeit angewiesen ist und eben dadurch als Gottes Taten und nicht als unsere menschlichen Verdienste erscheinen. Der Herr ist Friede; der Herr ist Gnade – und das im alttestamentlichen Buch Richter! Und dann hören wir die Worte Jesu aus seiner Bergpredigt: "Selig, die Frieden stiften – sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden." Selig heisst erfüllt, glücklich. Es kommt vom althochdeutschen "sālīg" und hat zu tun mit "sāl". Wir kennen es noch als Endung bei Schicksal, Drangsal, Mühsal. Diese Kraft gilt allen, die Frieden stiften, eine aktive Angelegenheit. Unser Herr und Gott sieht uns in dieser Aufgabe. Er lässt sich nicht instrumentalisieren für Rechthabereien, Unterdrückungen und Hass. Im Gegenteil, er ist ein Gott der Befreiung, der Verständigung, der Vergebung, des Lebens, des Friedens. Wenn der Herr der Friede ist, kann nicht mit Gott Hass geschürt oder Krieg geführt werden. Die biblische Botschaft ist immer eine gute Nachricht. Wir dürfen sie im Evangelium und in der Gnade Jesu Christi leben, und das ist ein Vorzug. Wir, hier und jetzt dürfen im Herrn, welcher der Friede ist, leben. Allerdings haben wir darauf zu achten, dass der Friede auch eng mit der Gerechtigkeit verbunden ist. Sonst ist es ein fauler Friede, und die Lage wird auf Dauer explosiv. Wir sollten nicht vergessen, dass die chinesischen Schriftzeichen Korn und Mund Friede bedeuten. Daher haben wir das Leben im Alltag in den verschiedenen Bereichen immer wieder an der Gerechtigkeit zu messen und darauf einzustellen. Zum Augenblick, zum hier und jetzt, haben wir eine besondere Beziehung. Über ihn hat der deutsche Dichter des Barock, Andreas Gyphius, einst geschrieben: "Mein sind die Jahre nicht,
die mir die Zeit genommen; mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen; der Augenblick ist mein, und nehm' ich den in acht, so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht." Amen. ABEND-GOTTESDIENSTVERLAUF Orgel-Eingangsspiel Grusswort: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und öde, und Finsternis lag auf der Urflut, und der Geist Gottes bewegte sich über dem Wasser. Da sprach Gott: Es werde Licht! Und es wurde Licht." (Genesis / 1. Buch Mose 1,1-3) Lied 156,1-4 ("Herr Jesu Christ, dich zu uns wend") Gebet zur Sammlung (Martin Luther 1529): Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diesen Tag gnädig behütet hast, und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine Sünde, wo ich Unrecht getan habe, und mich diese Nacht gnädig behüten; denn ich befehle mich, meinen Leib und meine Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht über mich gewinne. Amen. Lesung (Matthäus 5,1-12): "Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg; und als er sich gesetzt hatte, traten seine Jünger zu ihm. Und er tat seinen Mund auf und lehrte sie: Selig die Armen im Geist – ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden – sie werden getröstet werden. Selig die Gewaltlosen – sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit – sie werden gesättigt werden. Selig die Barmherzigen – sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig, sie reinen Herzens sind – sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften – sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden. Selig, die verfolgt sind um der Gerechtigkeit willen – ihnen gehört das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und euch das Ärgste nachsagen um meinetwillen und dabei lügen. Freut euch und frohlockt, denn euer Lohn im Himmel ist gross. Denn so haben sie auch die Propheten vor euch verfolgt." Selig sind, die das Wort Gottes hören und danach tun. Lied 221,1-3 ("Allein Gott in der Höh sei Ehr") Predigttext (Richter 6,22-24) "Gideon sprach: Wehe, Herr, Herr, denn ich habe den Boten des Herrn gesehen, von Angesicht zu Angesicht. Aber der Herr sprach zu ihm: Friede sei mit dir! Fürchte dich nicht, du musst nicht sterben. Und Gideon baute dem Herrn dort einen Altar und nannte ihn: Der Herr ist Friede." 1. Zwischenspiel der Orgel PREDIGT: "Der Herr ist Friede" 2. Zwischenspiel der Orgel Gebet: Unser Vater im Himmel Lied 672,1-4 ("Mein schönste Zier und Kleinod bist auf Erden du") Mitteilungen Lied 613,1-3 ("Mit meinem Gott geh ich zur Ruh") Segen Herr, segne meine Hände, dass sie behutsam seien, dass sie halten können, ohne zu Fesseln zu werden, dass sie geben können ohne Berechnung, dass ihnen innewohnt die Kraft, zu trösten und zu segnen. Herr, segne meine Augen, dass sie Bedürftigkeit wahrnehmen, dass sie das Unscheinbare nicht übersehen, dass sie hindurchschauen durch das Vordergründige, dass andere sich wohlfühlen können unter meinem Blick. Herr, segne meine Ohren, dass sie deine Stimme zu erhorchen vermögen. dass sie hellhörig seien für die Stimme der Not, dass sie verschlossen seien für Lärm und Geschwätz, dass sie das Unbequeme nicht überhören. Herr, segne meinen Mund, dass er dich bezeuge, dass nichts von ihm ausgehe, was verletzt und zerstört, dass er heilende Worte spreche, dass er Anvertrautes bewahre. Herr, segne mein Herz, dass es Wohnstatt sei deinem Geist, dass es Wärme schenken und bergen kann, dass es reich sei an Verzeihung, dass es Leid und Freude teilen kann. (Hl. Martin, 4. Jahrhundert) Ausgangsspiel last update: 18.01.2016 |