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Predigt zum Sonntag,
14. November 2010, St. Anna-Gemeinde Zürich
Von Pfr. Jakob Vetsch, Sihlcity-Kirche HAT DIE KIRCHE EINE CHANCE? In goldenen Zeiten fällt es leichter, an Gott zu glauben, Gott zu vertrauen und Gott zu loben. Wenn alles rund läuft, wenn uns das Leben anlacht, ist es leichter Gott zu vertrauen. Doch ist dann die Gefahr auch grösser, dass wir Gott gar nicht so sehr loben, und dass wir dem Irrtum verfallen, dass wir das Leben aus eigenen Kräften schaffen. Wir tun ja recht, also soll es uns auch recht gehen. Die Zeiten haben sich geändert. Wenn wir die Tagesschau hören, wenn wir Zeitungen lesen, wenn wir das Schicksal des Nachbarn oder in der eigenen Familie betrachten, sehen wir alles Widerstände. Garstig wird’s. In einer schwierigen Lebenslage sagte mir einmal ein Gemeindeglied: Wie können Sie noch glauben? Sie sehen doch das Unrecht, das in dieser Welt geschieht. Sie sehen doch, welche Schicksale zu tragen sind. Meine Antwort war spontan: Und wie soll man Schicksale tragen können ohne Glauben. Der Glaube ist eine grosse Kraft und mir scheint gerade im Christusglauben ist so viel drin. Da geht es um Kreuzigung und Auferstehung. Da geht es auch darum, dass Schweres getragen werden musste ohne schuldig zu sein. Jesus hat das für uns getan. Uns Christen darf es leicht fallen, zu sagen: Wir haben uns Mühe gegeben. Wir haben gute Erfolge verbuchen können. Aber vieles sieht jetzt auch anders aus, als wir es uns gewünscht und erhofft haben. Was soll ich jetzt tun?, fragte mich jemand in der Seelsorge. Dieser Weg war nichts, jener Weg war nichts. Heute Morgen habe ich nochmals eine Absage erhalten. Da antwortete ich: Wir machen jetzt christliche Therapie. Sie müssen jetzt kapitulieren, aber nicht vor Menschen, sondern vor Gott flach hinliegen auf den Boden und sagen: Mit meiner Kraft ist nichts getan. Ich lade aber dich ein, Christus, in mein Leben. Komm du, erfülle mich mit deiner Kraft, erfülle mich mit deiner Freude und deinem Heiligen Geist. Das Gegenüber sagte: Das ist gerade das, was so schwer ist. Loslassen, kapitulieren, mal zugeben vor Gott: Ich schaffe es nicht. Hat die Kirche eine Chance? So werde ich manchmal gefragt bei meiner Tätigkeit als Pfarrer im ökumenischen und interreligiös offenen Seelsorgeangebot der Kirche im Einkaufs- und Unterhaltungszentrum Sihlcity in der Stadt Zürich. Hat die Kirche eine Chance? Bei Gruppenführungen sehen wir das Interesse auch von jugendlichen Menschen am Christentum, an der Spiritualität und an einem Ort, wo man ernst genommen wird und sein darf wie man ist. Auch der moderne und der junge Mensch möchte akzeptiert sein und Geborgenheit erfahren. Er möchte sich selbst verstehen, er möchte verstanden werden und zuhause sein, ja er möchte seinen Platz und ein bisschen Sicherheit haben. Was trägt, wenn alles ändert? Lust auf Neues hat der moderne Mensch auch. Es ist nämlich gar nicht gut, wenn wir uns nicht zuhause fühlen können, wenn wir – wie der Deutschschweizer Dialekt es sagt – "ganz us em Hüsli" sind. Frieden, Freude, Glück will nicht aufkommen, wo wir nicht mehr "beieinander", nicht mehr ganz "bei Trost" sind. Auch der moderne Mensch sehnt sich nach Ganzheit. Er sucht nicht nur das Vergnügen und die Lust, aber das gehört mit dazu. Hat die Kirche eine Chance? In letzter Zeit hat sich für mich die Frage auf die andere Seite hin gedreht: Haben die Menschen mit der Kirche eine Chance? Ja, welcher Kirche begegnen sie? Ist es eine Kirche und eine kirchliche Gemeinschaft, die mit offenen Armen empfängt, wie der Vater den heimkehrenden Sohn im Evangelium nach Lukas 15,11-32? Ist es eine gebende Kirche, wie der Vater diesem Sohn zuerst vergeben und dann gegeben hat, nämlich das beste Kleid, einen Ring an die Hand, Schuhe für die Füsse und dann das fröhliche Festessen mit dem geschlachteten Mastkalb? Liebe geht durch den Magen. Ist es eine liebende Kirche, welche die grosse Liebe Gottes zu uns Menschen, die wir durch Jesus Christus erfahren, offeriert? Die Frage lässt sich nun wieder auf die andere Seite hin kehren: Hat die Kirche eine Chance? Ja, die Kirche hat eine Chance, wenn sie den Menschen eine Chance mit ihr gibt. Wenn sie die Frohe Botschaft von der Nähe Gottes freudig verkündet. Wenn sie auf den Hilferuf von Menschen hört, die "us em Hüsli" sind, denen es in der eigenen Haut nicht mehr wohl ist, vielleicht nie wohl sein konnte. Die eindrücklichsten Worte am Grab einer Mutter habe ich vor vielen Jahren von einem erwachsenen behinderten Sohn gehört. Er fragte mich, ob er am Grab seiner Mutter einige Worte sagen dürfe. Es war ein Risiko. Ich wusste nicht, was er sagt. Doch ich habe ihm die Erlaubnis gegeben. Er hat ihr eindrücklich gedankt für alles, was sie für ihre Kinder getan hat. Er hat ihre Arbeit und ihr Leben gewürdigt. Als ich ihn mein Ergriffensein und meinen Respekt wissen liess, sagte er mir während des Hineingehens in die Kirche im Hinblick auf seine Behinderung: "Ja, wissen Sie, da kommt man nur einmal zur Welt, und dann so etwas." Ich habe diese seine Worte nie vergessen können und immer wieder gehen sie mir durch Herz und Kopf: "Da kommt man nur einmal zur Welt, und dann so etwas." Aus seinem Munde hörte ich die schönsten Worte, die ein Sohn seiner Mutter am Grab sagen kann. Konkret mit Jesus Christus Wenn die Kirche tatsächlich die Kirche von Jesus Christus sein will, dann hat sie eine Chance. Sie hat dann eine Chance, wenn sie in seiner Nachfolge den Menschen mit ihr eine Chance gibt. Dann, wenn sie tut, was Jesus sagt: "Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet. Ich war krank, und ihr habt euch meiner angenommen. Ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen." Das sind keine philosophischen Gedankengänge. Es wird von uns nichts verlangt, nur das, was wir geben und tun können. Wenn wir an Grenzen stossen, können wir immer noch etwas ganz Grosses tun. Wir können beten und mit Gott reden. Manchmal dürfen wir das auch ein bisschen fordernd. Das ist ganz konkret. Etwas, das wir im Alltag umsetzen können, in den vielfältigsten Variationen, spannend, beherzt. Und dann sind nicht nur wir voll und ganz dabei, sondern eben auch Christus, Gott selber. In uns, bei uns, um uns, über uns, unter uns. Gott. Da trägt etwas aus der Zeit in die Ewigkeit hinein. Die Worte hallen nach: "Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Dann kennen nicht nur wir ihn, sondern auch er uns und wir sind dabei. Das ist etwas, das aus dieser Zeit in die Ewigkeit hinein trägt, denn es wird vollendet. Nicht werten, sondern tun – das ist hier die Devise, der Claim. Wo sich solches ereignet, da müssen wir uns gar nicht mehr fragen, ob die Kirche eine Chance hat. Und ob die Menschen eine Chance mit der Kirche haben. Da wird Glauben gelebt, da ist die Chance realisiert. Da ereignen sich Liebe, Leben, Gemeinschaft mit Gott und seinen Menschen. Da macht das Leben Sinn. Das ist die häufigste Frage in der Internet- und SMS-Seelsorge. Was ist der Sinn meines Lebens? Da wird es einem wohl in seiner Haut, sodass man beieinander, im Hüsli ist. Da ist es behaglich, man darf sich geborgen fühlen. Es ist aber auch weit und offen, man kann atmen, gute Luft ist da, ein guter Geist herrscht. Eine Frau, kurz vor ihrem Tod, lebte nur noch im Früher. Sie erzählte nur noch aus ihrer Kindheit. Uns ist aber aufgefallen: Immer wenn ich gekommen bin, sagte sie: Grüezi Herr Pfarrer. Einmal sagte ich zu ihr: Es ist ausserordentlich, dass Sie mich immer noch erkennen. Andere erkannte sie nicht mehr. Dann antwortete sie: Ja, immer wenn Sie kommen, ist die Luft anders. Das lag nicht an mir. Das liegt an der Botschaft, am Geist. Unser Amt ist es zu sagen - daran denken wir an Weihnachten besonders: Gott ist zu uns Menschen gekommen mit seiner Liebe, mit seiner Vergebung, mit seiner Einladung. Wo wir ihn einlassen, da ist eben die Luft sofort anders. Seinen Geist wünsche ich uns von ganzem Herzen hier in dieser Gemeinde, in unserer heutigen Gemeinschaft in diesem Gottesdienst und auch anschliessend, wenn wir wieder zuhause "im Hüsli" sind. Amen. Sammlungsgebet Guter Gott, im Schweigen unserer Gedanken kannst du reden. Im Fühlen unserer Schmerzen kannst du trösten. Im Spüren unseres Lächelns kannst du stärken. Wir danken dir von ganzem Herzen, dass wir zu dir kommen dürfen. Wir bitten dich von ganzem Herzen um dein gutes Wort, durch Jesus Christus, deinen Sohn. Wir loben und preisen dich von ganzen Herzen, denn du bist so gross, so gut, so stark. Amen. Fürbittengebet Guter Gott, Hab Dank für dein Wort, das uns kräftig macht und zuversichtlich stimmt, das uns leitet und Orientierung schenkt. Wir denken heute ganz besonders an alle, die trauern; schenk du ihnen Seligkeit. Wir denken an alle, die zerschlagenen Herzens sind; richte du sie auf. Wir denken heute an alle Jüngeren; verleihe du ihnen Zukunft. Unsere Gedanken sind auch bei allen Älteren; gib ihnen Geduld und guten Mut. Unsere Gedanken sind bei der weltweiten Kirche und allen Kirchgemeinden; versehe sie mit deinem Heiligen Geist. Unseren Gedanken sind bei deiner ganzen Schöpfung; erhalte und bewahre sie und mach du sie – und uns – jeden Tag neu. Um all das bitten wir dich, der du bist UNSER VATER IM HIMMEL... Wir haben einen
Traum. Wir
haben einen Traum, Wir
haben den Traum, Wir
haben einen Traum, Wir
haben einen Traum, Wir
haben einen Traum, Wir
haben einen Traum, Wir
haben einen Traum Wir
haben einen Traum Wir
haben einen Traum Wir
haben einen Traum. Es ist der Traum Wir
sind davon überzeugt, Klaus
Douglass last update: 16.05.2024 |