Pfarrer Bruno
Amatruda
Gast-Predigt zum Bettag 16.9.2001 in Zürich-Matthäus
Liebi Gmeind
Dä Dank- Buess- und Bättag isch en
Tag, wo der zur Besinnig,
der
Rück-Besinnig dient. S’ursprüngliche
hebräische Wort
für Busse „Tschuwa“ heisst au Umkehr,
Rückkehr. Und ich
finds speziell schön, am Bettag i mini
Vikariatsgmeind döfe z’rugg z’cheere.
Die folgendi chassidische Gschicht, wo n ich ihne
vorlies passt deshalb
zum
Bättag, will sie au mit Rückkehr z’tue
hätt. Aber ebeso
mit Träume, mit
Schätz entdecke ? oder ebe nöd entdecke - und mit
Dankbarkeit.
Geschichte:
"Einmal träumte der arme und
bedürftige Rabbi Eisig ben Jekel
aus Krakau,
daß er nach Prag gehen und dort unter der Brücke,
die zum
Königspalast führt,
graben soll, weil dort für ihn ein großer Schatz
bewahrt
sei. Er ging zu Fuß
in die böhmische Hauptstadt. Als er zur Brücke
angelangt
war, sah er dort
einen Polizisten auf und ab gehen. In seiner Gegenwart
fürchtete
er, mit dem
Graben zu beginnen. Als der Polizist ihn einige Tage auf derselben
Stelle
herumstreichen sah, hegte er Verdacht und fragte ihn nach dem Grund
seines
Verhaltens. Der Rabbi erzählte ihm seinen Traum. Da antwortete
ihm der Polizist
lachend: "Du bist also wegen eines Traumes einen so weiten Weg
gegangen?!
Das
ist also das Los der Leute, die an Träume glauben. Wenn ich
solchen
Träumen
Glauben schenken würde, müßte ich mich
schon längst
auf die Beine machen, weil mir in meinem Traum geraten wurde, nach der
Stadt Krakau zu gehen, in das Haus eines Juden namens Eisig ben Jekel
einzutreten,
unter dem Ofen zu graben und dort einen teuren Schatz hervorzuholen.
Eisig
ben Jekel! Ist das eine genaue Angabe? Die Hälfte der Juden
jener
Stadt heißen Eisig und die andere Hälfte Jekel. Ich
hätte
also alle Häuser jener Stadt niederreißen
müssen". So sprach
der Polizist und hörte nicht auf zu lachen. Eisig ben Jekel
verabschiedete
sich von dem Polizisten, eilte nach Hause, grub eine tiefe Grube unter
seinem
Ofen und hob einen wertvollen Schatz.“
Bättag. Bätte. Bätte
hätt ja au öppis Träumerisches...
mer bätted ja für
öppis, für öppert, me erhofft sich ja
öppis im
Gebet...öppis wo ?wie n en Traum-
söll in Erfüllig gaah. Und es lieht genau au dadrin e
grossi
Chraft vom
Gebätt, dass es träumerisch isch,
visionär.... s’Bätte
wird nöd eifach nur vo
Gott erhört, sondern löst by eus sälber
öppis uus.
Gott erhörd d’Gebät oft eso,
dass er eus sälber däzue motiviert,
uufzbräche, sich
uf dä Wäg zmache und
d’Initiative z’ergriife. Wer bätted,
dä blybt in Bewegig.
Geistlich...UND eben
oft au wortwörtlich! Deshalb sölled mer ruhig
träumerisch
bätte.
Dä Rabbi Jekel traut sym Traum und macht sich
uf dä Waag.
Aber syn Schatz
findet er nöd direkt, sondern über de Traum von e me
Mitmänsch.
Eso au bruched mir enand gägesiitig, bruched mir
d’Träum
und d’Gebät von
enand und fürenand. S’Läbe isch offebar eso
iigrichted, dass
mir nöd allei alles
chönd bewältige , sondern soziali Läbewese
sind. Au
im geischtliche Bereich:
deshalb chömed mer zum Gottesdienscht ZÄME, deshalb
ghöremer
zunere Gmeind, deshalb hämer Gmeinschaft. Und i dem
Zämesy zeigt
sich, dass dä Geistlich und dä Natürlich
Bereich eigentlich
zämefalled: wo mir gueti Gmeinschaft unterenand händ,
dört
chömmer im Nachhinein nüme n usenandhalte...ja isch
das jetzt
so schön gsy will’s öppis
Religiöses isch oder will’s öppis
Gselligs gsy isch? Mir sind däzue gschaffe uf enand aagwise
sy.
Dä Rabbi Jekel träumt schliesslich von
eme verborgene Schatz.
Und da frög
ich mich immer wieder:
Warum sind Schätz eigentlich immer VERBORGE? Warum werdet sie
vergrabe und dänn gfunde? Wieso gseht mer sie nöd uf
Anhieb,
wieso werdet sie erscht nach Jahre n entdeckt? Sogar vom Himmelrich
heits
im Matthäusevangelium, es segi wie n en verborgene Schatz:
Matt 13,44:
Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein
Mensch
fand und verbarg; in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles
was er hatte
und kaufte den Acker.
Ja und au wänn mer
d’Matthäuschile, wo mer ja hütt es
Jubiläum fiired, gnau
aaluegt...entdeckd mer verborgeni, versteckti Schätz:
D’Chrütz
-Symbolik am
Bode vor em Iigang.....wie oft bin ich i mim Vikariatsjahr achtlos
drübergloffe....bis mich öppert ? nämlich
dä Jakob
Vetsch- druf ufmerksam gmacht hätt... uf das Chrüz
vor em Iigang...
Oder wie oft lueg ich es Bild e chli
oberflächlich aaah und mein, ich kännis.... zum
Bispil das
Chilefeischter....
und erscht wänn ich ebe nüme nur a der
Oberflächi bliibe,
sondern id Tüüfi
gaahn...entdeck ich au da neu, künstlirische Schätz,
verborgeni
Symbolik, wo mer nöd uf dä erschti Blick gseht... um
nur eis
Biispiel z’mache: s’Chrüz...wo ja
nöd IM Bild vorchunnt sondern
zwüsched dä Bilder sich formt...
Sönigs...erinnered mich a die Gschicht vom
Rabbi Jekel.... und
ich dänke,
mir gönd oft a Schätz verbii, will mer nöd
so ufmerksam
lueged. Und amigs
bruuchts öppert vo usse, wo eus druf ufmerksam macht.
So isch au dä Bättag en Tag, wo mer
Begägnig suecht.
Mit Gott und mit sich
sälber.
En Tag a dä mer eben nöd oberflächlich will
sy, sondern
I sich gaaht,
versucht innez’halte, all das was EUSY eignige innere
Schätz bedeckt,
e mal
freischufled... id Tüfi gaaht und sich sälber
z’rugg gaaht,
vielleicht au i das,
was z’rugg-lieht, i Vergangens... und was entdecked
mer da?
Viel Schönes? Oder au viel Truurigs?
Schwärs? Oder au Heiters?
Ich dänke,
wohl BEIDES. Will beides zum Läbe ghört, dä
Schatz,
wo in eus isch ? tuet nöd
nume funkle und glitzere.... lang isch er im Bode gläge ,
unterem
Staub, ja da
isch doch au viel Dräck und Schlamm no draah.
D’Frag isch jetzt, wie hebet mer dä
Schatz uuf? Ohni eus d’Händ
dräckig
zmache? Das gaaht nöd. Im übertraite Sinn: Am Buess-
und
Bättag.... da gön mer i eus und stelled fescht, wie
euses Läbe
ebe würklich us beidem bestaht und wie MIR SÄLBER ebe
beides
sind: guet und weniger guet ?und das gliichzitig-.
Aber ?und das isch öppis vom Wertvollschte im christliche
Glaube-
mir dörfed
vor Gott eso sy wie mer sind. Mer dörfed zu eusne
Schwächene
staah, mir dörfed
dä Schatz uushebe-und sölled eus nöd vor eme
bitzeli
Schmutz wo draa isch
fürchte-- Gott sälber verspricht, ihn eus
rein z wäsche....
wänn mer das
begriffe händ...wüssed mer au warum dä
Buess- und Bettag
au Dank-Tag heisst!
Will am Bättag ? wie übrigens a jedem Tag-
d’Möglichkeit
vo dä Umkehr
bestaht! Jede Tag chan en Bättag sy, en Tag a dem mer i eus
gönd
und eus
besinned uf eus sälber, eus besinned uf dä
Wäg wo mer
bisher gange sind, es fröged, bin ich dört, wo n ich
han welle
sy? Bin ich dört, won ich sy will jetzt?
Wänn ja.... ja dänn isch das Grund zur Freud und
Dankbarkeit.
Und wänn nei?
Ja, dänn mach dich uuf, es isch nie z’spaat zum
Umkehre und neu
Uufbräche!
Jede Tag chan en Buesstag sy. Und amigs bruched mer
dezue Mänsche,
wo eus
druf hiiwised: Mänsche, wo eus nöd eifach
z'r’ächtwiised-
sondern wo eus gern
händ und sensibel gnueg sind aber au muetig gnueg, eus
öppis
unamgnehms
z’säge. Sich sälber durchschaut mer immer
am schlächtischte.
Mer hät wie kei
Distanz zu sich sälber.... Da chann dä Blick von eme
Ussestehende
viel
effizienter sy.... wänn er eus wohlgsinnt isch und seit, was
er
dänn wahrnimmt, wänn er eus so zueluegt... isch das
sehr wertvoll.
Das nänn ich gueti, konstruktivi
Kritik. Wänn mir die Kritik aahnämed chön
mer umkehre....
chön mer en neue Versuech starte.
Ja und amigs sind’s viellicht MIR wo
öppert andersch druf hiiwise
müend,
dass er en falsche Wäg i sym Läbe iigschlage
hätt.
Ja....das isch e heikli Sach: das brucht Sensibilität , WIE
mer
e Kritik
formuliert.... es brucht aber au en eigeni Rückbesinnig:
kritisier
ich druf loos, will ich öppertem eifach MINI Vorstellige
uufdränge...
oder hilf ich ihm würklich, dä Schatz
z’entdecke wo i IHM ine
aagleit isch?
Will genau das isch ja die eigentlich Pointe
vo däre Gschicht
mit em Rabbi
Jekel. Am Ändi entdeckt er ja ?dur dä
unwüssendi Polizist
ufeglupft- no syn
EIGNIGE Schatz i sinere eigene Stube!
Wo n isch no im Reisebüro gschafft han,
hät min Chef e mal
gsait: er reisi
ja würklich gern i dä Wält ume und luegi
sich anderi
Länder aa..(ja und als
Chef hät er immer die beschte Studiereise n überchoo
und
isch also würklich
wiit umechoo..!), aber jedes Mal wänn er wieder hei id Schwiiz
chunnt, muess er
säge: am beschte gfallis ihm ja doch da.
Und das isch eigentlich es Gschänk, wänn mer das chan
säge.
Und zwar nöd
will d’Schwiz besser wär als die andere
Länder oder wills
irgendwo es Land gäbti
wo besser wäre als alli anderi , sondern wills vo innere
Zfrideheit
züügt,
wänn mer am liebschte dööt isch, wo mer
tatsächlich
isch. Das hätt doch au
dämit z’tue, dä Schatz i dä
eignige Stube z’entdecke.
Oder stelled Sie sich vor, Sie chönted ihres
Läbe mit dem
Läbe vo öppert
anderem ganz tuusche: und ich mein würklich s’ganzi
Läbe...
ich bin überzügt,
die meischte Mänsche würdet säge: gute, ich
hätt
viellicht gern dä brueflich
Erfolg vo däm und d’Schönheit vo
däre und würd
gern so guet chöne Gitarre
spiele wie de säb und emal dä Luxus usprobiere wie di
ander...
aber mis ganzi
Läbe tuusche mit dene.... nein, ich glaub, ich bliib lieber
ich
sälber.
Das chan mer doch nur säge, wänn mer mit sich doch
einigermasse
in Friede
isch, wämmer en Ahnig hätt, vom Schatz, wo i eus
isch.
Was isch EUSE Schatz? Was isch das, was Gott i EUS gleit
hatt? Wär
das nöd
au en Art, wie mer sich am Buesstag chönnti zrugg-besinne?
Nöd
was han ich
alles falsch gmacht und wo isch Gott mit mir bös und muess ich
Buess tue ...
sondern welli verborgeni Schätz hätt Gott i mich ine
gleit
und ich han sie
vielleicht gar nonig entdeckt und ufghobe und gnutzt?
Ja und viellicht dänk ich: ich bin
z’alt für öppis neus,
was söll ich mit 70
oder 80 no für en neue, verborgene Schatz in mir ine n
entdecke?
Söll ich
jetzt no usefinde, dass ich als junge Burscht en talentierte Sportler
worde
wär? Was nütz mir en Schatz wo n isch nüm
chan nutze??
Aber ich bin überzügt,
au dä Schatz i eus ine wird mit eus älter ?
dä Schatz
i eus ine isch genau so
alt wie mir sälber und deshalb IMMER für euses Alter
aabracht:
es hätt Lütt
geh, die händ no im höche n Alter d’Malerei
oder s’Schriibe
oder en anderi
Kunscht entdeckt... es hätt Lüüt geh, die
händ
sich im Alter Wünsch erfüllt wo’s
als jungi Lüüt nie händ
chöne...
Ja mir chönd eus die gliich Frag au als Gmeind
stelle:
Was für unentdeckti Schätz lieged ächt no by
Eus verborge?
Bäted mer defür,
das sie entdeckt werdet? Hämer e träumerische Hoffnig
e Vision
für eusy
Gmeind da im Quartier? Oder...für die wältwiit
christlichi
Gmeind?
Wie chönti s’Christetum au no
uusgseh? Weli verborgeni Schätz
lieged
brach... eifach nur deshalb, will mer sich as Althäbrachte
gwöhnt
hätt und nüme
Visione und Träum entwickled?
Amigs aber isch es d’Situation, wo neui Idee verlangt. Es
heisst nöd
umesuscht „aus der Not eine Tugend machen“. Eusi
Landeschile staht
vor grosse
Veränderige i dä nächschte Paar Jahre. Au da
wird’s
mäng en Bätt- und Buesstag
bruuche, Täg wo mer Rückschau haltet, was isch bisher
guet
gsy und chan
wiitergführt werde und wo sind mer ufm Holzwäg und
müend
umchehre und ganz NEU ufbräche.
Ja und au als Land muess mer sich sönigi Fraage
immer wider stelle.
Es
heisst ja nöd umesuscht Eidgenössischer Buss- und
Bettag.
Mir als Land, im
Ustusch mit andere Länder....mir als Kultur im Uustusch mit
andere
Kulture. Ja da frögt mer sich au... wie wiit laht mer sich uf
die
andere n iii, wie wiit lönd
mir eus vo andere öppis säge, wie wiit entdecked mer
au i
dem Ustusch mit
andere Völker EUSY EIGNIGE Schätz wieder. Wie wiit
hälfed
mer andere Länder dass sie IHRI Schätz chönd
entdecke. Ich
dänk da nur scho an Umwältschutz... i dem euses Land
wältwiit
zu dä fortschrittlichschte Länder
ghöört... sind mer
da im Ustusch um anderi au druuf ufmerksam zmache... was sie
für Naturschätz
händ... wo sie ne müessted Sorg hebe?
Sie gsend, öb als Einzelni, oder als Gmeind,
oder als Land...
D’Umcher funktioniert immer übers Bätte und
Träume...
Über dä Uustunsch mit andere..
Und über s Sich Uufmache, und Uufbräche...
Die Chance händ mer als Christinne und Christe nöd
nur einmal
im Läbe.
Und?obwohls en Fiirtig isch, wo jährlich widerchunnt- au
nöd
nur einmal im Jahr, sondern immer und immer und immer wieder.
Isch das kein Grund zur Dankbarkeit?
Zum Dank- und Bät- und Umkehrtag also
wünsche ich eus allne,
dass mir träumerisch beten
dass mir uns von anderen Träumern öppis säge
lönd
und
dass mir umkehren zu eusne verborgene Schätz. Sie lieged oft
nöcher
als mer
dänked.
AMEN.
last update: 07.05.2007
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