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Gottesdienst zum Pfingstsonntag, 8. Juni 2014 in St. Anna und der Wasserkirche Zürich, von Pfr. Jakob Vetsch

"Den Geist löschet nicht aus!"

Eingangsspiel der Orgel

Grusswort: "Gott ist Geist, und die zu ihm beten, müssen in Geist und Wahrheit beten." (Johannes 4,24)

Lied 242,1-4: "Lobe den Herren"

Gebet zur Sammlung:
Atme in mir, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke. 
Treibe mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue. 
Locke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges liebe. 
Stärke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges hüte.
Hüte mich, du Heiliger Geist, dass ich das Heilige nimmer verliere. Amen. 
(Dem heiligen Augustinus zugeschrieben)

Lesung
Johannes 3,7-8 ("Jesus und Nikodemus"): "Wundere dich nicht, dass ich dir gesagt habe: Ihr müsst von oben geboren werden. Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen, weisst aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist."

Lied 504,1-2: "O Heilger Geist, kehr bei uns ein"

Predigttext
1. Thessalonicher 5,15-22 ("Das Zusammenleben in der Gemeinde"): "Jagt dem Guten nach, füreinander und für alle. Freut euch allezeit, betet ohne Unterlass, in allem sagt Dank; das ist der Wille Gottes, in Jesus Christus, für euch. Den Geist bringt nicht zum Erlöschen! Prüft alles, das Gute behaltet! Meidet das Böse in jeder Gestalt."

Kurzes Orgelspiel

PREDIGT: "Den Geist löschet nicht aus"

Zwischenspiel der Orgel

ABENDMAHL
Eingang, Schriftlesung, Gebet, Friedensgruss, Lied 663,1-3: "Unser Leben sei ein Fest", Einsetzungsworte, Austeilung an Helfer, Austeilung an Gemeinde (teilweise unter Orgelmusik)

Gebet mit "Unser Vater"

Mitteilungen

Lied 349,1-3: "Segne und behüte uns"

Segen

Ausgangsspiel der Orgel




„Den Geist löschet nicht aus!“


Predigttext:
1. Thessalonicher 5,15-22 ("Das Zusammenleben in der Gemeinde"): "Jagt dem Guten nach, füreinander und für alle. Freut euch allezeit, betet ohne Unterlass, in allem sagt Dank; das ist der Wille Gottes, in Jesus Christus, für euch. Den Geist bringt nicht zum Erlöschen! Prüft alles, das Gute behaltet! Meidet das Böse in jeder Gestalt."


Liebe Gemeinde!

Der heutige Feiertag ist auch schon als Fest des Verstehens bezeichnet worden: "Pfingsten ist das Wunder des Grenzen überschreitenden Verstehens, quasi die Anti-Geschichte zum Turmbau zu Babel, als Gott den Menschen verschiedene Sprachen gab, als Strafe für ihren Hochmut. Dieser Heilige Geist, der auf die Jünger herabkam, schuf die Einheit der Gläubigen und hob die Kirche aus der Taufe – manch einer spricht sogar vom 'Geburtstag der Kirche'. Von diesem Moment an verstand sich die Schar der Jünger als Gottesvolk. Der Geist schuf eine lebendige Beziehung zu Jesus. Er wurde sozusagen zum Link zwischen Gott und seinem Sohn und der Erde.“

Pfingsten als das Wunder des Grenzen überschreitenden Verstehens... In diesen Tagen betritt eine gläubige Frau mit schalkhaftem Lächeln mein Büro in der Sihlcity-Kirche und weist auf eine Geschichte hin, die einer Sammlung entnommen ist. Diese geht so:

Der Begründer der Methodistenkirche, John Wesley (1707-1788) hatte einen Traum. Er kam an das Portal zur Hölle und fragte: "Was für Leute gibt es denn bei euch? Katholiken?" Antwort: "Ja, viele." – "Auch Anglikaner?" Antwort: "Ja, viele." – "Auch Lutheraner, Reformierte, Baptisten, Presbyterianer, Orthodoxe?" Immer kam dieselbe Antwort: "Ja, viele." – "Etwa auch Methodisten?" So fragte Wesley verzweifelt. Auch da hiess es: "Ja, viele." – Betrübt ging Wesley im Traum weiter und kam an die Himmelspforte. Er klopfte an und stellte die gleichen Fragen: "Sind hier Katholiken?" Antwort: "Nein, kein einziger." – "Anglikaner?" "Nein, kein einziger." – "Lutheraner, Reformierte, Baptisten...?" Und immer bekam er zur Antwort: "Nein, kein einziger." – Zaghaft fragte Wesley am Schluss: "Aber doch Methodisten!?" Antwort: "Nein, kein einziger." – Erschrocken wollte Wesley nun wissen: "Ja, was für Leute sind denn im Himmel?" Antwort: "Hier gibt es nur Christen."

Man darf froh sein, dass dieser Traum ausgerechnet einem äusserst verdienten, unerschrockenen Glaubensmann wie John Wesley nachgesagt wird. "Methodist" galt als Schimpfwort für die ernsthaft an der Bibel orientierte Gruppe rund um ihn. Er nahm den Begriff auf und verwendete ihn als positive Bezeichnung für seine Bewegung.
Und nun hören wir diese erdachte Geschichte mit seinem Traum. Offensichtlich will da jemand wissen, welche Konfession die erfolgreichste ist, oder welche Glaubensrichtung am meisten Sicherheit gibt oder welche Richtung die wahre ist. Der Befund mag beim ersten Mal Hinhören erschrecken und nachher durchaus glücklich stimmen. Er ist durchaus pfingstlich. Das Fest verbindet und es baut auf. Weil Jesus Christus und der Heilige Geist verbinden und aufbauen. Wie sehr wir Konfessionen und Traditionen zu schätzen wissen, wenn es um die letzten Dinge geht, verbindet uns Christus – und verstehen wir uns in diesem fundamentalen Punkt.

Als Orientierung dient uns das Wort, die Heilige Schrift, die Bibel. Da lesen wir in einem Paulusbrief: "Den Geist bringt nicht zum Erlöschen!" In einer früheren Übersetzung: "Löschet den Geist nicht aus!" Eindringlich werden wir ermahnt, bloss dies nicht zu tun. Luther übersetzte: "Den Geist dämpfet nicht." Das Wort "sbennümi" im griechischen Urtext des Neuen Testamentes kann denn in die deutsche Sprache übertragen werden mit: löschen, auslöschen, dämpfen, unterdrücken, hemmen, zähmen, vereiteln, vernichten, unwirksam machen. "Vereitelt nicht den Geist!" könnte es dann heissen.
Die lateinische Übersetzung sagt: "Spiritum nolite extinguere!" Sehr klar: "Löscht den Geist nicht." Vielleicht läge da auch der allgemeinere Gedanke nahe: "Tötet nicht das Spirituelle, das Geistliche"?
"Quench not the Spirit." So hört man es in England. "Quench", eben: löschen, stillen, abschrecken, dämpfen. "Schreckt den Geist nicht ab!"
Eindringlich ist der Zuruf ausgesprochen, und er mag unsere Herzen erreichen. Um so mehr, als dass vom griechischen Wort für Geist (pneuma) das Wort Pneu stammt, der Luftbehälter. Ganz frei übersetzt könnten wir dann sagen: Schaut, dass es nicht zu eng wird; würgt die Luft nicht ab!

Wir hören vom Heiligen Geist an Pfingsten. Es mag erschrecken, dass man ihn auslöschen und verhindern kann. Wie denn? Kann dies etwa geschehen durch Buchstabengläubigkeit, Besser-sein-wollen, Rechthaberei, Ehrgeiz, Habsucht, Gier, Konkurrenzdenken, notorische Anti-Haltung? Es gibt viele Arten von Löschgeräten und Löschmethoden. Klar ist, dass wir uns dann gar nicht mehr selber und weit weg sind vom Leben unseres Lebensentwurfes, der uns zugedacht ist. Eben, es wird dann eng.
Ob darum all die aufrichtenden Worte rund um diesen Aufruf geschrieben sind? "Jagt dem Guten nach, füreinander und für alle. Freut euch allezeit, betet ohne Unterlass, in allem sagt Dank; das ist der Wille Gottes, in Jesus Christus, für euch. (...) Prüft alles, das Gute behaltet! Meidet das Böse in jeder Gestalt."

"Den Geist bringt nicht zum Erlöschen!" – Ende der Siebzigerjahre zeigte der Prättigauer Bergbauer in seiner heimeligen Küche auf den alten Radio und meinte: "Us däm han'ich no dä Hitler g'hört. Ich hab mir gleich gedaicht, das git nüüt." Auf die Frage, warum er das gleich gedacht habe, antwortete er: "Uu narren Brüll hat der getan."

"Den Geist löschet nicht aus." – Das kann aber nicht nur durch Lärm bewerkstelligt werden, sondern auch ganz leise, indem wir uns selbst und andere Menschen und Lebewesen gar nicht mehr wahrnehmen und uns und mögliche Begegnungen, Entdeckungen und Gespräche zudecken mit zu viel Technik. Da können Inhalte verloren gehen, da muss die Seele leiden.
Wir möchten erkannt werden uns erkennen. Wir wollen verstanden werden und verstehen. Wir wollen sein. Wir wollen leben. Mitten im Heiligen Geist, der uns führt und leitet; der uns Heimat gibt; der uns die Zusage macht, dass wir in der Gemeinschaft der Kinder Gottes unterwegs sind.

Amen.



Predigt DEN GEIST LÖSCHET NICHT AUS! im PDF-Format


last update: 07.06.2014