WER MIT
DEM HERZEN
SIEHT - Ratgeber für das Leben zu zweit
Eine Traurede
Liebe Sandra und lieber Kurt!
Liebe Eltern, Verwandte und Freunde!
Das Traupaar hat als Lesung die unvergeßlich schönen Worte
aus der Bergpredigt gewünscht:
"Macht euch keine Sorgen um Essen und Trinken und um eure Kleidung.
Das Leben ist mehr als Essen und Trinken, und der Körper ist mehr
als die Kleidung. Seht euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie
ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte aber euer Vater im Himmel
sorgt für sie. Und ihr seid ihm doch viel mehr wert als alle Vögel!
Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag
verlängern?
Und warum macht ihr euch Sorgen um das, was ihr anziehen sollt? Seht,
wie
die Blumen auf den Feldern wachsen! Sie arbeiten nicht und machen sich
keine Kleider; doch ich sage euch: nicht einmal Salomo bei all seinem
Reichtum
war so prächtig gekleidet wie irgendeine von ihnen. Wenn Gott sogar
die Feldblumen so ausstattet, die heute blühen und morgen verbrannt
werden, wird er sich dann nicht erst recht um euch kümmern? Habt doch
mehr Vertrauen! Macht euch also keine Sorgen! Fragt nicht: Was sollen
wir
essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? - Damit plagen
sich Menschen, die Gott nicht kennen. Euer Vater im Himmel weiß,
daß ihr all das braucht. Sorgt euch zuerst darum, daß ihr euch
seiner Herrschaft unterstellt und tut, was er verlangt, dann wird er
euch
schon mit all dem anderen versorgen." (Matthäus 6,25-33)
Eigentlich war es mutig von euch, liebe Sandra und Kurt,
diesen Abschnitt
aus dem Evangelium gerade für den heutigen Tag zu wünschen, wo
man sich doch für das Fest Gedanken über das Essen und Trinken
und über die Kleidung machen mußte! Es gehört ja die festliche
Kleidung und das Mahl dazu. Was ihr uns jedoch sagen wollt: Wichtiger
für
heute und jederzeit - ist die Rückbesinnung auf Gott und auf das,
was er mit uns vorhat. Daraus wird sich alles andere ergeben, und zwar
nicht zufälligerweise, sondern so, daß es einen Sinn hat.
Jesus ruft uns zu: "Seht euch die Vögel an! Seht, wie die Blumen
auf den Feldern wachsen!" Zu beiden habt ihr eine besondere Beziehung:
Sandra zu den Blumen, Kurt zu den Vögeln, womit keineswegs angedeutet
sein soll, er selber sei ein bißchen einer...!
Die Eltern von Sandra hatten seinerzeit Lilien in ihrem Garten
gepflanzt.
Bei der Geburt von Sandra blühten sie zum ersten Mal. Die Überraschung
und Freude war groß. Die Lilie steht als Symbol für Unschuld
und Reinheit. Sie kann auch ein Zeichen der Liebe sein, denn Liebe
braucht
keine Entschuldigung, Liebe braucht keine Rechtfertigung. Sie kommt aus
Gott auch und gerade die Liebe zwischen zwei Menschen! Paulus hat
einmal
dazu geschrieben: "Die zwei sind dann eins, mit Leib und Seele. In
diesem
Wort liegt ein tiefes Geheimnis. Ich beziehe es auf Christus und seine
Gemeinde." (Epheser 5,31-32) Der Apostel meinte damit, die Liebe
zwischen
Mann und Frau könnte ein Bild für die Liebe zwischen Gott und
den Menschen sein, die nicht etwa weniger stark ist!
Liebe braucht also keine Erklärung. Es kommt ihr ein eigenes Recht
zu. Braucht innerlich verspürte Liebe auch keine äußere
Form? Darüber haben wir uns beim Traugespräch unterhalten. "Warum
heiratet ihr?" habe ich euch gefragt. Und Kurt meinte dazu spontan: "Es
ändert sich nichts!" Schon wollten wir aufbegehren, da merkten wir,
daß dieser Ausspruch etwas Wahres an sich hat. Damit sich eben nichts
ändert, damit die Liebe bleiben kann, verlangt die Liebe nach einer
Form. Denn jeder Garten, der keinen Hag oder keine Mauer hat, wird in
Mitleidenschaft
gezogen. Jeder Garten, der nicht gepflegt wird, verwildert mit der
Zeit.
So ist es auch mit der Liebe: Sie benötigt einen Rahmen, ein Gefäß,
einen Schutz, damit sie gedeihen kann ! Eine solche Form kann die Ehe
bieten.
Denn alles Wertvolle braucht einen besonders behutsamen Umgang. Im
Himmel
ist das vermutlich anders, aber wir leben ja noch auf der Erde.
Liebe Freunde!
Das Kärtchen, mit dem wir zum Fest geladen wurden, zeigt ein Bild
mit zwei fliegenden Möwen. Im Büchlein "Wenn du dich sehnst"
habe ich dazu die Worte geschrieben: "Die Möwen haben es eingeübt:
miteinanderziehen, dasselbe anstreben, sich gegenseitig vertrauen,
zusammengehören,
gemeinsam gehen."
Man denke jetzt nicht, dieser Wortsinn sei nur in die Möwen
hineingedacht,
es seien ja nur Vögel. Es kommen Vogelarten vor - besonders die
Turteltauben
oder die Papageien -, da bleiben die Paare, wenn sie sich einmal
gefunden
haben, zeitlebens beieinander. Stirbt der eine, so sucht sich der
Überlebende
keinen neuen Partner mehr. Im Gegensatz zu diesem rührenden
"tierischen"
Verhalten erlaubt dies die Bibel jedoch den Menschen ausdrücklich
(1. Korinther 7,39).
Selbst bei einem gut harmonierenden Vogelpaar können wir die
Beobachtung
machen, daß es zu Auseinandersetzungen kommt. So sehr sich die zwei
oft kraulen und liebkosen, so hacken sie sich ab und zu auch mit den
Schnäbeln,
allerdings meist ohne sich zu verletzen. Bei uns Menschen ist das
ähnlich.
Das Vertrauen wächst im herzlichen Anteilnehmen am Bereich des anderen
und zugleich im Abgrenzen des eigenen Bereiches. Auf diese Weise lebt
die
Beziehung, und der gemeinsame Auftrag wird in Liebe erfüllt.
Das ist leichter gesagt als getan! Wir erleben es ja auch, daß
aus der großen Flamme der Liebe ein bedrohlich flackerndes Flämmchen
wird, das der schützenden Hand bedarf. Wir können müde und
leer werden. In solchen Momenten müssen wir innehalten, mutig ins
ausgetrocknete Flußbett unserer Liebe blicken und gemeinsam zum Quell
aller Liebe zurückfinden: zu Gott, der die Liebe selber ist (1.
Johannes
4,16). Gerade aus derartigen Prüfungen kann neues Leben und neue Liebe
erwachsen. Der dritte im Bunde eurer Ehe, Gott, wird euch dazu
verhelfen
und euch nicht im Stich lassen, auch wenn der Weg einmal steil und
steinig
werden sollte.
Als Trauvers gebe ich euch beiden eine Einsicht des weisen
Predigers
Salomo (4,9) mit auf den Weg. Er beschreibt eindrücklich, warum Gott
wohl Mann und Frau geschaffen hat: "Zwei sind auf jeden Fall besser
dran
als einer allein."
Die Bibelstelle lautet weiter: "Wenn zwei zusammenarbeiten, bringen
sie es eher zu etwas. Wenn zwei unterwegs sind und einer hinfallt, dann
hilft der andere ihm wieder auf die Beine. Aber wer allein geht, ist
übel
dran, wenn er fällt, weil keiner ihm helfen kann. Wenn es kalt ist,
können zwei Schläfer sich gegenseitig wärmen. Aber wie soll
einer allein sich warm halten? Einer allein kann leicht überwältigt
werden, aber zwei wehren den Überfall ab. Noch besser sind dann drei.
Man sagt ja: Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell."
Diese einfachen Worte mögt ihr als Motto für euer Eheleben
auffassen. Ihr sollt zusammenwirken, euch gegenseitig aufrichten,
einander
wärmen und gemeinsam den Stürmen des Lebens trotzen. Ihr seid
dabei nicht allein. Ihr seid zu zweit. Und ihr dürft mit Gott rechnen
und auf ihn zählen. Er ist der dritte in eurer Gemeinschaft.
Liebe Sandra und lieber Kurt! Macht's gut, und habt's schön
miteinander!
Wir wollen euch das wünschen, deshalb sind wir heute hierher gekommen.
Dazu verhelfen kann euch letztlich aber nur einer: Gott. Er selber
segne
den Bund eurer Ehe!
|