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Der Ehevertrag

Mit der Eheschließung auf dem Standesamt gehen die Partner einen Vertrag ein, dessen Bestimmungen im fünften und sechsten Titel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) festgehalten sind. Diese rechtliche Trauung bildet die Voraussetzung zur kirchlichen. Darum muß der Pfarrer vor dem Traugottesdienst den Schein eingesehen haben, den der Standesbeamte dem Paar anläßlich der Trauung im Rathaus überreicht. 

Da das alte Gesetz aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, vor allem in bezug auf die Gleichberechtigung der Frauen, den heutigen Anschauungen nicht mehr genügte, wurde von den Stimmbürgern im Herbst 1985 eine umfassende Erneuerung des Eherechtes für gut befunden. Bevor einige wichtige Änderungen geschildert werden, gebe ich den vollen Wortlaut des grundlegenden ersten Artikels 159 ZGB wieder: "Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. Sie schulden einander Treue und Beistand." Diese Sätze zeigen die Grundrichtung des ganzen Gesetzes; abgezielt wird auf ein harmonisches Zusammenwirken beider Eheleute. Verzichtet wurde auf den biblischen Satz "Der Ehemann ist das Haupt der Gemeinschaft", den wir als zeitbedingte Aussage der Bibel betrachten (Kapitel "Partnerschaft"). Besondere Entscheidungsbefugnisse des Mannes fallen somit weg. Konnte früher zum Beispiel der Gatte allein den Wohnsitz bestimmen und auch wieder kündigen, so darf dies heute nur noch im ausdrücklichen, gegenseitigen Einvernehmen geschehen. 
Auch die Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau ist nicht mehr staatlich geregelt. Während früher der Mann für den Unterhalt der Familie in gebührender Weise zu sorgen und die Ehefrau den Haushalt zu führen hatte, verständigen sich nun die Ehepartner selbst über den Beitrag, den jeder nach seinen Kräften zum Wohl der ehelichen und familiären Gemeinschaft beisteuert. Der haushaltführende oder im Gewerbe des andern mitarbeitende Partner hat Anspruch auf eine angemessene, den Verhältnissen Rechnung tragende Entschädigung. Über Einkommen, Vermögen und Schulden muß gegenüber dem Ehepartner Auskunft erteilt werden. Eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, doch leider so selbstverständlich noch immer nicht für alle!
Nach dem alten Güterrecht konnte der Mann das ganze Vermögen verwalten und nutzen, die Frau durfte nur über ihr eventuelles Arbeitseinkommen selbständig verfügen. Gerechterweise wird nun der Frau ihr eigenes Vermögen gänzlich überlassen. Der eine kann die Vermögensverwaltung aber auch dem anderen übertragen. Nach neuem Recht erhält übrigens der überlebende Ehepartner die Hälfte der Erbschaft, ging sie doch früher zu drei Vierteln an die Kinder über. 
Von besonderem Interesse sind vielleicht noch Name und Bürgerrecht: Familienname ist nach wie vor der Name des Ehemannes. Für die Kinder ändert sich also diesbezüglich nichts. Die Frau kann jedoch gegenüber dem Standesbeamten erklären, sie wolle ihren bisherigen Namen dem Familiennamen voranstellen! Das ist beispielsweise für Frauen wichtig, deren Namen in der Gegend bekannter ist als der des Mannes, oder für jene, deren Namen in der Öffentlichkeit eine Rolle spielt. Warum soll eine Frau, der ihr Name lieb ist, diesen nicht dem Familiennamen voranstellen? Die Schweiz war bisher neben der Türkei und Liechtenstein das einzige Land im Europarat, in dem die Frau bei der Heirat ihren Mädchennamen automatisch preisgab. Was das Bürgerrecht anbelangt, so erhalten Frau und Kinder weiterhin das des Mannes. Aber die Frau behält zusätzlich das Bürgerrecht, welches sie vor der Eheschließung besaß.

Natürlich sind wir uns darin einig, daß kein Gesetz der Welt glückliche Ehen garantieren kann. Die Ehe lebt von der Liebe und vom Willen zur Harmonie der beiden Partner. Gesetze können aber etwas für die Gerechtigkeit erwirken, sie vermögen einen Rahmen abzustecken und Grundvoraussetzungen zu schaffen. Das vorliegende Eherecht, aus dem wir einige wichtige Punkte gestreift haben, ist als Schutz gedacht und vor allem auch als Wegweiser und Impuls für ein partnerschaftliches Zusammenleben der Eheleute. Die Regeln sind entworfen, für ein gutes Spiel müssen die Teilnehmer sorgen!