Rache
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht,
Und ist ein Mensch gefallen,
Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand
Vergnügt und froh ins bess're Land.
Wolfgang Amadeus Mozart / Emanuel Schikaneder: Die
Zauberflöte, 2. Aufzug, 12. Auftritt, Nr. 15 Arie
Gemäss Zürcher
Forscher ist Rache tatsächlich süss
WASHINGTON - Besserwisser, die ihren Mitmenschen ständig
Lektionen
erteilen, folgen einem natürlichen Impuls. Wer andere zurechtweist
oder sie für unpassendes Verhalten bestraft, wird nach Erkenntnis
eines Schweizer Forscherteams vom Hirn belohnt.
Das Team um Dominique de Quervain von der Universität Zürich
wies nach, dass Rache das "dorsale Striatum" aktiviert, ein Hirnzentrum
für freudige Empfindungen und emotionale Belohnung.
Das Verlangen nach dieser Art von Befriedigung gehe bei manchen
Menschen so weit, dass sie nicht einmal vor eigenen Nachteilen
zurückscheuten, um andere zurechtweisen zu können, berichten
die Forscher im Wissenschaftsjournal "Science".
Das Team engagierte ein gutes Dutzend Männer zum Spiel mit echtem
Geld. Dabei konnten Spieler paarweise durch kooperatives Verhalten das
Kapital beider mehren oder aber einer konnte den Gewinn für sich
selbst einstreichen. Unkooperative Spieler konnten von den anderen
bestraft werden.
Welche Art von Hirnreaktion die Bestrafung bei den Strafenden
auslöste, beobachteten die Forscher mit einen Aufnahmeverfahren
(Positronen-Emissionstomographie, PET), das physiologische und
biochemische Funktionen auf Zellebene sichtbar macht.
"Unser Ergebnis untermauert die Hypothese, dass Menschen Genugtuung
empfinden, wenn sie Verstösse gegen die Norm bestrafen" und so
für Gerechtigkeit sorgten, heisst es in dem Artikel.
De Quervain und Kollegen führen den Trieb auf evolutionäre
Wurzeln zurück. Jahrtausende lang habe die Menschheit nicht
über ein Rechtssystem wie heute verfügt. Deshalb waren
"private Sanktionen" nötig, um unrechtmässiges oder auch nur
unkooperatives Benehmen anderer zu ahnden.
Ironie ist allerdings auch aus ihrer Sicht, dass die Bestrafung die
gleiche Hirnregion anspricht, die auch bei der Würdigung und
Belohnung von Mitmenschen aktiviert wird.
"Diese scheinbar konträren Vorgänge (Bestrafung und
Belohnung) haben sich die gleiche psychologische Basis: sie setzen ein
für die Gesellschaft befriedigendes Ergebnis voraus", sagen die
Zürcher Forscher. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, ob
Rache nur für Männer oder auch für Frauen "süss"
ist.
Donnerstag, 26. August
2004, Newsticker Schweiz
last update: 02.09.2015
|