LEID UND REIFE
Predigten zu Texten von William Wolfensberger
"Gott hat Gedanken des Friedens und nicht des
Leids,
um uns eine Zuflucht und Hoffnung zu geben. Jeremia 29,11" Romanischer
Wandspruch in der Kirche von Lü GR
Foto: Jakob Vetsch, 1995
Vorwort ~ Warum gerade Wolfensberger?
Bevor ich im Jahre 1977 aus der
Regio Basel
ins Bündnerland zog, klärte mich ein älterer Pfarrkollege
über William Wolfensberger, seine Geschichte mit den Münstertalern
und seine feine Poesie auf. Vielleicht tat er das auch deshalb, weil
ich
ein Jahr zuvor meine allererste Predigt in jenem Tal gehalten hatte,
allerdings
in den südwärts gerichteten, unteren Dörfern. Ich hab´s
nicht vergessen, aber doch lange nicht mehr daran gedacht, geschweige
denn
etwas gelesen von Wolfensberger.
Kaum so richtig eingelebt in der neuen Gemeinde im Kanton St.Gallen
- und zwar in jenem Tal, in dem Wolfensberger vor vielen Jahrzehnten
wirkte
-, erhielt ich 1985 in der Bibelstunde von einer betagten Frau eine
Ausgabe
seines Büchleins "Religiöse Miniaturen". Sie hat es mir mit einem
Leuchten in den Augen überreicht, das ich in Erinnerung behielt und
mir bedeutete: In diesem Büchlein liegt ein Schatz verborgen. Ich
glaube, sie hat sogar dazu gesagt, ich könne es vielleicht einmal
brauchen - jedenfalls in dieser Richtung gingen die begleitenden Worte,
mit denen sie mir das Kleinod in die Hände drückte. Auch diese
Begebenheit blieb mir im Gedächtnis verhaften, aber gelesen hab ich´s
- ehrlich gesagt - damals nicht.
Erst im Sommer 1994 kam mir jenes Büchlein beim Aufräumen
im Studierzimmer zufälligerweise wieder in die Hände. Es landete
auf meinem Nachttischchen - und wurde gelesen! Mehr noch: Die Texte von
Wolfensberger haben mich unerhört angesprochen und in einer Zeit,
in der ich es ganz persönlich brauchen konnte, kolossal getröstet
und gestärkt.
Im Verlaufe der Ferienzeit beschloss ich, die schönsten Perlen
aus dem Werke Wolfensbergers herauszugreifen und in einer dazu
erarbeiteten
Predigtreihe meiner Gemeinde zugänglich zu machen.
Die zwölf Predigten hielt ich in der Zeit zwischen dem 25. September
1994 und dem 5. Februar 1995. Ich merkte, wie die Worte Wolfensbergers
die Zuhörer ansprachen und seine moderne Art der Bibelauslegung -
welche damals unter seinen Berufskollegen Konsternierung und
Unverständnis
ausgelöst hat - nach wie vor aktuell ist. Auch wenn seine Texte nun
als alt eingestuft werden müssen, antiquiert sind sie nicht. Im
Gegenteil:
Sie dienen nach wie vor als ein gutes Beispiel dafür, wie die Botschaft
der Bibel in die heutige Zeit und in die Menschenherzen hineingeholt
und
für sie fruchtbar gemacht werden kann.
Parallel zur Predigtreihe ist quasi als ihr Nebenprodukt ein Artikel
im Zürcher und im St.Galler Kirchenboten erschienen, der ebenfalls
das Interesse der Leserschaft fand.
"Wir möchten gerne mehr Wolfensberger-Texte", hiess es in verschiedenen
Telefonanrufen. Daher stelle ich diese Predigtreihe zur Verfügung
- im Wissen darum, dass eine umfangreichere Wolfensberger-Neuauflage
durchaus
angebracht wäre.
Jakob Vetsch, Pfarrer
Wartau-Gretschins SG, Schweiz, 14. Februar 1995
last update: 05.03.2016
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