KARFREITAG
Die älteste bekannte Darstellung der
Kreuzigung Jesu wurde zu Anfang des dritten
Jahrhunderts von einem Soldaten an die Wand einer
Wachtstube in den römischen Kaiserspalästen
gekritzelt. Sie zeigt den Gekreuzigten mit Eselskopf,
und zum verunglimpften Kollegen findet sich die
griechisch abgefasste Inschrift: ALEXAMENOS SEBETE
THEON (Alex verehrt Gott).
Einer, der später vorbeikam, legte mit
dem Y oben rechts auf Eselskopfhöhe seinen Protest
gegen diesen Spott ein. Das Y-Zeichen steht für Mensch
und besonders für das Göttliche im Menschen. Er wollte
also damit sagen: Nein, Jesus war kein Esel, sondern
ein Mensch, und er dachte wahrscheinlich an das Wort
jenes Hauptmanns am Kreuz: "Dieser Mensch war in
Wahrheit Gottes Sohn." Markus 15,39
Sein Kreuz tragen
Eine Legende berichtet:
Die Menschen waren mit ihren Kreuzen unterwegs. Sie mühten
sich ab mit ihrer schweren Last. Doch einem war sein Kreuz
zu lang. Kurzerhand sägte er ein gutes Stück ab. Nach
langer Pilgerschaft kamen alle an einen Abgrund. Keine
Brücke führte in das Land, das ewige Freude und Gottes
sichtbare Nähe versprach. Alle legten nach kurzem Zögern
ihre Kreuze über den Abgrund. Und siehe: sie passten
gerade. Der aber sein Kreuz abgesägt hatte, um es leichter
zu haben, stand nun betroffen und verzweifelt.
Sterben
Ich muss mich mit dem Gedanken an den Tod vertraut
machen, und zwar so, dass mein Leben dadurch noch
fröhlicher, noch beweglicher, noch arbeitsamer wird.
Johannes XXIII., 1881-1963
Sterben zu müssen bereitete Mechthild von Magdeburg keine
Furcht, denn wie das sein wird, hat Gott ihr vorausgesagt:
"Ich ziehe meinen Atem ein, und du folgst mir."
Besinnung
Der Wert der Stille ist in Vergessenheit geraten. Er
wurde durch die Geschäftigkeit und durch die Aktivitäten
verdrängt. Diese Gefahr drohte dem Menschen immer schon,
nicht erst heute. Aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert
stammen die Worte Laotse´s:
"Aus nassem Ton formt man Gefässe, aber die Leere in
ihnen ermöglicht die Fülle der Krüge.
Aus Holz zimmert man Türen und Fenster, aber das Leere in
ihnen macht das Haus bewohnbar.
So ist das Sichtbare zwar von Nutzen, doch das Wesentliche
bleibt unsichtbar."
Von Laotse also hatte Antoine de Saint-Exupéry einen Teil
der Weisheit, die er in seinem Werk "Der kleine Prinz"
verarbeitet hat... Das Sichtbare, das Äussere, die
Geschäftigkeit, die braucht es auch; aber der Sinn, der
Antrieb, Ursprung und Ziel, das Wesentliche, das, was das
Leben ausmacht, liegt tiefer und kommt aus der Stille.
Die Indianer sagen: "Wir lehren unsere Kinder als erstes,
still zu sitzen - und Freude daran zu haben." Sie wissen:
Das Wesentliche strömt aus der Stille, wie das Wasser aus
der Quelle. Wenn wir still werden, tun wir also für unser
Leben etwas sehr wertvolles. Es muss und soll nicht immer
alles zum vorneherein einen Zweck haben. Denn das Leben
ist ein Geheimnis. Nicht wir haben Gott erwählt, sondern
er uns. Dieses Geheimnis will zu uns reden, es will
gegenwärtig sein, es möchte uns führen und leiten.
Darum hat Laotse auch gesagt: "Stille ist die grösste
Offenbarung."
Lassen wir doch die Stille zu uns reden. Geben wir ihr
eine Chance. Geben wir Gott eine Chance mit uns...
Franziskus hat gebetet:
"Mach aus mir ein Werkzeug deines Friedens."
Es hat gewusst, dass er es nicht schon ist. Er hat aber
auch gewusst, dass Gott es aus ihm machen kann. Dafür
dürfen wir beten. Wir dürfen um die guten Tugenden für uns
beten. Wir dürfen dafür beten, dass wir mehr Liebe, mehr
Frieden, mehr Gerechtigkeit in uns tragen und ausstrahlen.
Wir sollen uns nicht schämen, dass wir dies alles nicht
schon in uns tragen; es wäre aber ein grosser Fehler,
nicht darum zu bitten. Wir dürfen immer wieder neu darum
bitten, jeden Tag. Und es wird uns immer wieder von neuem
geschenkt. Wir dürfen uns stets beschenken lassen, stets
lernen, stets neu beginnen.
Rabbi Bunam betont: "Unsere Weisen sagen: Suche den
Frieden an deinem Ort. Man kann den Frieden nirgendwo
anders suchen als bei sich selber, bis man ihn da gefunden
hat."
Dazu rüste uns Gott immer wieder aufs Neue aus. Er segne
unser Gebet an jedem von uns und an unserer Gemeinschaft.
Gebet zur Sammlung im Karfreitagsgottesdienst
Guter Gott! Durch Jesus Christus dürfen
wir Dich Vater nennen. Du hast uns ins Leben gerufen, Du
leitest uns, Du sorgst für uns - weil Du uns liebst, wie
Du es uns durch Deinen Sohn gezeigt hast.
Traurig - und doch erfüllt - gedenken wir heute
Karfreitag des Todes Deines Sohnes Jesus Christus.
Traurig, weil Menschen einander solcherlei angetan haben
und auch heute noch antun. Wir glauben, dass das
Karfreitags-Geschehen nicht isoliert dasteht, sondern
damals wie heute eine Realität darstellt, die trübe
aufzeigt, wozu Menschen fähig sind.
Erfüllt gedenken wir heute Karfreitag des Todes Deines
Sohnes Jesus Christus, weil es am Kreuz vollbracht ist
und dadurch Erfüllung und Frieden in unsere Herzen
einziehen darf.
Rede Du zu uns in dieser Stunde mit Deinem Wort und auch
durch Deine Gabe des Mahles des Herrn. Gib uns feste
Speise mit auf den Weg, kräftige uns, gib uns auch
Wegweisung, Orientierung und Ziel in unserem Leben, das
ein einziger Weg ist auf Dich zu.
Amen.
Predigten
Kreuz-Meditation
Das
Hugenotten-Kreuz
Jesu Worte am Kreuz
Die älteste bekannte Kreuzigungsdarstellung
last update: 01.04.2021
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