Friede
Das Friedensfeuer
beim Grossmünster in Zürich
Fotos Stana Vetsch, 05.04.2003
Unsere Weisen sagen: "Suche den Frieden an deinem Ort."
Man kann den Frieden nirgendwo anders suchen als bei sich
selber, bis man ihn da gefunden hat.
Rabbi Bunam
Die Welt braucht so viel Frieden, und der Herr wird
ihn uns in dem Mass gewähren, wie wir uns anstrengen,
den guten Frieden unter uns zu fördern.
Papst Johannes XXIII.
Nicht der Adler der Mächtigen, nicht
die Eule der Gelehrten, auch nicht der Falke der
Jäger, sondern die Taube mit dem Ölzweig im Schnabel
ist zum Zeichen der Hoffnung auf endlichen Frieden auf
Erden geworden.
Heinz Zahrndt
Schalom! (Hebräischer Gruss und Wort für
Frieden)
Das chinesische Schriftzeichen für "Frieden" (WA) ist aus
dem Zeichen für "Korn" und dem Zeichen für "Mund"
zusammengesetzt. Die Bedeutung von WA ist: Wo genügend
Reis unter den Menschen da ist, ist Friede. Reis muss aber
gerecht verteilt werden, dann erst ist Friede, Harmonie.
Die chinesischen Schriftzeichen Korn und
Mund bedeuten Frieden
Als Israel und die Palästinensische
Befreiungsorganisation (PLO) am 13. Sept. 1993 vor dem
Weissen Haus in Washington das historische
Autonomie-Abkommen für den Gaza-Streifen und Jericho
unterzeichneten, sagte PLO-Chef Arafat gegen den Schluss
der Zeremonie: "Meine Damen und Herren, die Schlacht für
den Frieden ist die schwierigste Schlacht unseres Lebens."
Die Zahl seiner Leibwächter musste aus Angst vor
Anschlägen durch Fundamentalisten verdoppelt werden.
Anscheinend lebt es sich für gewisse Leute sicherer im
Krieg...
Dann schlug Johannes XXIII., der Konzilsvater, (in einem
Gespräch mit Albino Luciani, dem späteren "lächelnden
Papst" Johannes Paul I.) mit der Faust auf sein Knie und
sagte: "Demut, Demut!"
Mit seiner gewohnten Einfachheit zog er die Nachfolge
Christi aus der Tasche und las mir die vier Regeln zur
Erlangung des inneren Friedens vor: 1. sich Mühe geben,
lieber den Willen eines anderen zu tun als den eigenen; 2.
lieber weniger haben als mehr; 3. lieber den untersten
Platz einnehmen und allen untertan sein; 4. immer wünschen
und beten, dass Gottes Wille vollkommen in uns erfüllt
werde (III,23). - Die Nachfolge Christi gehörte auch zu
Lucianis Lieblingsbüchern.
Hund und Katze im friedlichen
Miteinander
© Stana Vetsch, 2006
Die vier Kerzen
Die vier Kerzen Vier Kerzen brannten am Adventskranz. Es war ganz still.
So still, dass man hörte, wie die Kerzen zu reden
begannen.
Die erste Kerze seufzte und sagte: "Ich heisse Frieden.
Mein Licht leuchtet, aber die Menschen halten keinen Frieden.
Sie wollen mich nicht." Ihr Licht wurde immer kleiner und
verlosch schliesslich ganz.
Die zweite Kerze flackerte und sagte: "Ich heisse Glauben. Aber ich bin überflüssig.
Die Menschen wollen von Gott nichts mehr wissen. Es hat
keinen Sinn mehr, dass ich brenne." Ein Luftzug ging durch
den Raum, und die zweite Kerze war aus.
Leise und sehr traurig meldete sich nun auch die dritte
Kerze zu Wort. "Ich heisse Liebe.
Ich habe keine Kraft mehr zu brennen. Die Menschen stellen
mich an die Seite. Sie sehen nur sich selbst und nicht die
anderen, die sie liebhaben sollen." Mit einem letzten
Aufflackern war auch dieses Licht ausgelöscht.
Da kam ein Kind ins Zimmer. Es
schaute die Kerzen an und sagte: "Aber, aber, ihr sollt
doch brennen und nicht aus sein!" Fast fing es an zu
weinen.
Da meldete sich auch die vierte Kerze zu Wort. Sie sagte:
"Hab keine Angst! Solange ich brenne, können wir auch die
anderen Kerzen wieder anzünden. Ich heisse Hoffnung." Mit einem Streichholz
nahm das Kind Licht von dieser Kerze - und zündete die
anderen wieder an.
Friedensgebet des Franziskus
Herr mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens
Lass mich Liebe bringen in den Hass
Verzeihung in die Schuld
und Einheit in die Zwietracht
Lass mich Wahrheit bringen in den Irrtum
Glauben in den Zweifel
und Hoffnung in die Verzweiflung
Lass mich Licht bringen in das Dunkel
und Freude in die Traurigkeit
O Herr
Lass mich mehr danach trachten zu trösten
als Trost zu finden
zu verstehen
als Verständnis zu erfahren
zu lieben
als Liebe zu kosten
Denn im Geben empfange ich
und im Mich-Vergessen finde ich mich
im Verzeihen erfahre ich Verzeihung
und im Sterben stehe ich auf zum ewigen Leben
Amen
Regenbogen bei der Burgruine Wartau
Foto: Jakob Vetsch, Juni 1991
Die Jahreslosung 1994 stammt aus dem Epheserbrief 2,14
und heisst:
Christus ist unser Friede
Predigt vom 2. Januar 1994, Pfarrer Jakob Vetsch
Liebe Gemeinde!
"Im Herzen des Taifuns könnte ein Kind schlafen", sagt
ein asiatisches Sprichwort. Im Zentrum des Wirbelsturms
ist es ganz still, während ringsum seine alles zerstörende
Kraft tobt. Gelingt es einem Schiff oder einem Flugzeug,
in die Mitte des Taifuns vorzudringen, so sind sie ausser
Gefahr. "Im Herzen des Taifuns könnte ein Kind schlafen."
Nehmen wir das Bild von einem Wirbelsturm als Gleichnis
für die Welt, in der wir leben. Wir existieren in einem
Zeitalter grosser Stürme, die uns ängstigen und bedrohen.
Das Dach der Welt scheint abgedeckt. Was gestern noch
sicher und geborgen schien, ist hineingerissen in den
Weltensturm, der auf unsrer Erde tobt. Menschen, die sich
liebten und einander Gefährten waren, geraten hinein in
den Wirbel der Entfremdung. Eltern und Kinder verstehen
sich nicht mehr, und es ist, als treibe ein dunkler Strom
sie unwiederbringlich auseinander. Millionen haben ihre
Heimat, ihren Beruf, ihre Gesundheit, ja auch ihren
Glauben verloren, und sie sind wie Treibsand vor dem
grossen Sturm, der sie vor sich hinweht und nicht mehr zur
Ruhe kommen lässt.
Auch Menschen, die alles noch haben: Familie und Heimat,
Gesundheit, Arbeitsplatz und Glauben, schrekken auf in der
Ahnung, daß ihnen dies plötzlich genommen werden
könnte.
Was soll man da tun? Wohin soll man sich retten mit seiner
Ungeborgenheit und Angst? Wo kann man sich bergen? "Im
Herzen des Taifuns könnte ein Kind schlafen." Wir müssen
zum Herzen unserer Welt vordringen, zum Zentrum dieser
Welt der Stürme und Verlorenheiten, dann sind wir
gerettet. Erreichen wir das Herz des Taifuns, dann können
wir aufatmen, dann können wir inmitten der Ängste - wie
ein Kind - schlafen, lachen, spielen und träumen.
In Christus hat Gott sein Herz auf diese Erde geworfen, in
diese Welt der Stürme. Jesus ist das Herz des Taifuns, die
Mitte, wo unser Verlorensein zu Ende ist. Wir können vor
dem Taifun nicht flüchten, aber wir können uns retten in
das Herz des Taifuns. Wir vertrauen uns, wie wir sind,
Gottes Liebe an.
"Im Herzen des Taifuns könnte ein Kind schlafen." Gerade
so können wir in der Mitte der Zeiten, in der Mitte der
Welt und des Kosmos Geborgenheit finden. Ich meine die
Geborgenheit des Glaubens, Geborgenheit in Christus,
Geborgenheit in der Gemeinschaft der Kirche, Geborgenheit
auch in der Gottesdienstfeier, die uns Kraft für die Woche
durch gibt.
"Christus ist unser Friede."
Ja, Christus, wenn wir ihn nur recht verstehen, wenn wir
seine Nähe annehmen, wenn wir ihn kennen und an ihn
glauben, d.h. auf ihn vertrauen, gibt uns Friede mitten in
einer unfriedlichen Zeit. Mitten in Hektik, in Ängsten und
Kriegen, in Auseinandersetzungen und Streit, in Lärm und
Hast, läßt er uns zur Ruhe kommen, zum Schweigen, zur
Stille, aus der Kraft wächst.
Er ist das Auge des Taifuns, die Mitte des wirbligen
Geschehens, das Zentrum der Zeiten und Welten. Er ist da,
da ruht er. Wir dürfen uns von ihm anziehen lassen, neue
Kraft und Zuversicht schöpfen, uns ausrüsten für die
Stürme und Kämpfe des Lebens. Bei ihm dürfen wir auch mal
ausruhen, gesund und heil werden von den Verletzungen und
Wunden, die wir eingefangen haben, weil wir uns
engagierten, auslieferten, nicht schützten.
Offene Wunden heilen am besten; wir dürfen sie Christus
und Menschen, zu denen wir Vertrauen haben, zeigen. Wir
brauchen uns nicht zu schämen, denn durch diese
Ehrlichkeit und Wahrheit wird das Leben echt; wir
verstehen uns und andere besser. Wir tragen etwas bei zum
Heil der Welt und zur Heilung des Lebens; gerade wenn es
im Kleinen und Unscheinbaren geschieht, ist es besonders
wertvoll und von großer Ausstrahlung.
Wie hat doch der Staatsrechtler und Laientheologe Carl
Hilty gesagt?
"Liebe ohne Wahrheit bessert nicht,
Wahrheit ohne Liebe heilt nicht."
Darum gehören Wahrheit und Liebe zusammen. Nur gemeinsam
sind sie bekömmlich, fördernd. Liebe ohne Wahrheit
und Wahrheit ohne Liebe richten nur Schaden an. Beide
miteinander - und das wollen wir uns immer wieder aufs
Neue geben lassen - wirken fruchtbar. Und wo sind beide
vollkommener als bei Christus?
Das bedeutet nicht, dass er nicht auch mal mit Härte
durchgegriffen hätte. Ich denke an die spektakuläre
Tempelreinigung oder seine unmissverständlichen Worte an
die Adresse der Pharisäer. Zur Liebe gehört die Wahrheit.
Und beides ist nur in Klarheit und Reinheit möglich. Sonst
machen wir aus unserem Herzen eine Mördergrube, einen
Abfallkübel, einen Selbstbedienungsladen, der bald
ausverkauft ist - und niemandem mehr dient!
Darum ist die Mitte unsres Lebens so wichtig, die
Orientierung, der Massstab, die Leitplanke, der ruhende
Pol und zugleich die Antriebskraft, das Auge des Taifuns.
Ich erkenne dies in Christus.
Nun kommt noch etwas Wunderbares dazu. Paulus, der das
Wort
"Christus ist unser Friede"
geschrieben hat, meint mit "uns" nicht nur eine bestimmte
Gruppe. Er meint damit nicht nur einen Familien- oder
Freundeskreis, eine Kerngemeinde oder einige
Gleichgesinnte.
Paulus steht vor dem Wunder, aber auch vor dem Problem,
dass ganz verschiedene Menschen von Gott durch Jesus
Christus angenommen werden: Fremde, Menschen anderer
Religionen und Kulturen. Christus ist der Friede aller; er
zieht die Verschiedensten an; um ihn scharen sich Menschen
ganz unterschiedlicher Herkunft, Vergangenheit und
Volkszugehörigkeit. Da brodelt es, da gibt es Spannungen,
Kämpfe und Verletzungen. Das ist nicht leicht.
In diese Situation hinein sagt Paulus:
"Christus ist unser Friede."
Und er meint damit: Er ist der Friede von uns allen. Er
ist mein Friede. Und er ist ebenso der Friede nicht nur
derer, die ich mag, sondern auch derer, die ich nicht mag
und mit denen ich Mühe habe. Er ist die Mitte.
Wenn wir dieser Mitte Raum lassen, dann verrennen wir uns
nicht, dann kann der Heilige Geist wirken, dann können wir
buchstäblich “in Gottes Namen” den Weg gehen, der für uns
bestimmt ist. So verändern wir uns auf Gott hin, so
verändert sich unsere Einstellung, so erhalten unsere
Beziehungen ein neues Gesicht.
Christus ist unser Friede, der - wie Paulus sinngemäss
schreibt - aus Fremden und Nahen "Eines" gemacht und den
Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war: die Feindschaft.
Christus hat uns mit Gott versöhnt, uns die Angst vor dem
Leben, vor der Zukunft nehmen wollen und uns
Fried-Fertigkeit vorgelebt und anvertraut. Christus als
unser Friede-Fürst hat auch die Angst vor den Anderen, vor
den Fremden und Fremdartigen überwunden. Gott kennt keine
Anderen; er kennt jeden wie dich und mich.
Darum müssen wir auch keine Angst haben, zu kurz zu
kommen. Viel Leid und Unheil in der Welt wird aus der
Angst heraus angerichtet, zu kurz zu kommen. Geborgenheit
in Gott befreit davon, macht frei zum Verzicht, frei
dafür, dem andern auch was zu gönnen, frei zum Vertrauen,
daß nach der Nacht der Tag anbrechen wird.
"Christus ist unser Friede."
Diese Worte erinnern an das Kind von Bethlehem, zu dessen
Ehren die Engel vom Frieden auf Erden gesungen haben. Sie
bauen auf den Mann, der die Friedfertigen seliggepriesen
hat. Sie berufen sich auf den Heiland, den Gott zum Herrn
der Welt eingesetzt hat.
Mit ihm ist ein neuer Friede angebrochen: mehr als ein
brüchiger Friedensplan, mehr als ein Waffenstillstand,
mehr als Ruhe. Es ist ein Friede angebrochen, der etwas
Neues wachsen lässt, weil er uns Menschen verändert, die
Beziehungen zwischen uns und das Gesicht der Welt. Es geht
nicht darum, ob wir stark sind oder das Gesicht verlieren
- es geht darum, daß Gott stark wird in unserem Leben und
sein Angesicht auf das unsere leuchtet!
Amen.
Eine Januarpredigt: Der Herr ist Friede
Heinrich Sigg 1944 zum Krieg
last update: 07.12.2024
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